Ukraine-Krieg

Österreichischer Honorarkonsul: Putin will Millionenmetropole einkesseln

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Russland verstärkt die Angriffe auf die Millionenstadt Charkiw.

Der österreichische Honorarkonsul in Charkiw, Wsewolod Koschemjako, glaubt auch angesichts des aktuellen Dauerbeschusses nicht, dass es Russland gelingen könnte, seine Heimatstadt im Nordosten der Ukraine völlig zu zerstören oder zu erobern. Dies sagte der Geschäftsmann, der 2022 zur Verteidigung seiner Heimat ein Freiwilligenbataillon gründete, am Montag in einem Telefonat mit der APA. Von Österreich wünscht er sich einen Abbruch der Wirtschaftsbeziehungen zu Russland.

"Die Stadt ist sehr heftigen Angriffen ausgesetzt und es sieht so aus, als ob die russischen Terroristen versuchen, Menschen aus der Stadt zu treiben, sowie eine Offensive vorbereiten", schilderte der ukrainische Agrarunternehmer, der seit 2016 Österreich in seiner Region als Honorarkonsul vertritt. Die Menschen würden Charkiw aber nicht verlassen und seien sehr erpicht, ihre Stadt zu verteidigen. Laut seinen Schätzungen wären nach 24. Februar 2022 etwa 500.000 von 1.5 Millionen Einwohnern aus der Metropole geflohen, zwischenzeitlich seien jedoch etwa 250.000 Menschen aus stärker vom Krieg tangierten Teilen der Region Charkiw in die Stadt übersiedelt. Soweit er informiert sei, hätten die wenigen in Charkiw lebenden Österreicherinnen und Österreicher die Stadt jedoch in den vergangenen zwei Jahren verlassen.

"Viele Einschläge"

Koschemjako sprach von "vielen Einschlägen", die derzeit nicht nur auf die Infrastruktur abzielten, sondern auch Teile der Stadt beträfen, die unmöglich mit Kasernen oder mit militärischer Produktion in Verbindung gebracht werden könnten. Konkret nannte er zwei Bomben, die am Sonntag einige Wohnhäuser im Stadtzentrum getroffen hätten. "So etwas passiert eigentlich jeden Tag", erzählte er und berichtete von Problemen mit einer permanenten Wasser- und Stromversorgung.

"Es ist ziemlich schwierig eine Stadt mit eineinhalb Millionen Einwohnern zu zerstören und sehr schwierig, sie zu erobern", sagte Koschemjako mit Verweis auf aktuelle diesbezügliche Diskussionen in Russlands Staatspropaganda. Er denke aber, dass russische Truppen nun versuchen würden, Charkiw einzukesseln und derart zur Aufgabe zu zwingen. Sie würden damit aber keinen Erfolg haben, zeigte er sich überzeugt.

Freiwilligenbataillon  

Österreich könne seiner Stadt zwar mit medizinischer Ausrüstung und Geräten helfen. "Die Hauptsache wäre jedoch, dass Österreich ungeachtet der Profitabilität aufhört, mit Russland zu kooperieren", sagte er. Dies wäre ein großer österreichischer Beitrag im aktuellen Moment. Zudem sollten die vielen in Österreich lebenden Russinnen und Russen spüren, dass sie für das aktuellen Geschehen in der Ukraine auch verantwortlich seien.

Im Zusammenhang mit dem 2022 von ihm gegründeten Freiwilligenbataillon "Chartija" betonte Koschemjako, dass sich diese mittlerweile in eine offizielle Brigade der ukrainischen Nationalgarde mit Tausenden Soldaten verwandelt habe. Er selbst habe eine Rolle außerhalb dieser Truppeneinheit und fungiere als Berater des Kommandanten der dem Innenministerium untergeordneten Nationalgarde. "Ich helfe meinen Freunden, Brüdern und Schwestern die Brigade weiter auszubauen und alles ordentlich zu organisieren", erklärte er.

Zum Status des womöglich bald berühmtesten Angehörigen der Brigade wollte Koschemjako am Montag keine Angaben machen. Nachdem der ukrainische Starautor Serhij Zhadan zunächst den Namen des Bataillons, ein Wortspiel aus Charkiw und Charta, erfunden hatte und auch Fundraising betrieben hatte, hatte er Ende März erklärt, sich "Chartija" als Soldat anschließen zu wollen. Er sei nicht autorisiert, Zhadans Pläne zu kommentieren, sagte der Bataillonsgründer. "Serhij hilft uns - er ist mein persönlicher Freund und er ist ein Freund der Brigade", sagte Koschemjako. (Das Gespräch führte Herwig G. Höller/APA)

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