Ukriane-Krise

Russland verschärft Angriffe im Osten der Ukraine

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Die russischen Streitkräfte haben nach Angaben des Generalstabs in Kiew ihre Angriffe im Osten der Ukraine deutlich verstärkt.

Die russischen Besatzer würden praktisch von allen Seiten intensiv angreifen, teilte der Stab am Donnerstag mit. Moskau ziehe weitere Kräfte in die Nähe von Isjum im Gebiet Charkiw zusammen. Aus dem Gebiet Charkiw wurden drei Tote gemeldet. Indes formulierte Großbritannien das Ziel Russland aus der gesamten Ukraine verdrängen zu wollen.

Der ukrainische Generalstab sieht Russlands Ziel darin, die Verteidiger der Ukraine im Osten einzukreisen, hieß es in der Mitteilung vom Donnerstag. Der Gegner strebe vor allem weiter nach voller Kontrolle über die Gebiete Luhansk und Donezk, um einen Landkorridor zur Schwarzmeer-Halbinsel Krim zu etablieren. Nach Darstellung des Generalstabs in Kiew nutzen die russischen Streitkräfte auch weiter den Flughafen von Melitopol im Gebiet Saporischschja als Basis für ihre Kampfflugzeuge und -hubschrauber.

Durch russischen Beschuss sind in der Region Charkiw ukrainischen Angaben zufolge mindestens drei Menschen getötet und sechs verletzt worden. Die örtliche Verwaltung machte in der Nacht auf Donnerstag Russland für die zivilen Opfer verantwortlich. Zwei der sechs Verwundeten seien schwer verletzt, teilte der regionale Militärchef Oleg Synegubow mit. Das russische Militär habe Artillerie und Mörser eingesetzt. Die ukrainische Armee halte die Stellung und füge dem "Feind" Verluste zu. Mehrere Russen seien gefangen genommen worden, hieß es. Die Angaben konnten zunächst nicht unabhängig geprüft werden.

Die britische Außenministerin Liz Truss formulierte unterdessen das Ziel, russische Truppen vollständig aus der Ukraine vertreiben zu wollen. "Wir werden schneller handeln und weiter gehen, um Russland aus der gesamten Ukraine zu verdrängen", sagte Truss am Mittwochabend in London in einer Rede zur Sicherheitspolitik. Damit wären Kommentatoren zufolge auch die bereits 2014 von Moskau annektierte Halbinsel Krim und Teile der schon lange umkämpften Donbass-Region gemeint. Truss rief westliche Verbündete zu weiteren Lieferungen schwerer Waffen an die Ukraine auf - darunter auch Flugzeuge.

Präsident Wolodymyr Selenskyj würdigte unterdessen die pro-ukrainische Protestkundgebung im eroberten Cherson, die nach Angaben des ukrainischen Generalstaatsanwalts von russischen Kräften mit Tränengas und Blendgranaten aufgelöst wurde. "Ich bin allen dankbar, die nicht aufgegeben haben, die protestieren, die die Besatzer ignorieren und den wenigen Menschen, die zu Kollaborateuren geworden sind, zeigen, dass es für sie keine Zukunft gibt", so Selenskyj.

Kurz nach seiner Ansprache meldete die Nachrichtenagentur RIA unter Berufung auf Sicherheitskreise, die Ukraine habe am Mittwochabend drei Raketen auf den Südteil der Stadt abgefeuert, zwei davon seien von russischen Besatzungstruppen abgeschossen worden. Ein RIA-Korrespondent vor Ort hatte zuvor von einer Serie schwerer Explosionen in der Nähe des Fernsehzentrums berichtet.

In der Region Sumy berichtete die lokale Verwaltung über mehr als 50 Einschüsse von Mörsern. Von Opfern sei nichts bekannt, so ein Behördensprecher. Auch aus Mykolajiw wurden Angriffe gemeldet. In der Nähe von Odessa schoss die Luftabwehr eine russische Spionagedrohne über dem Schwarzen Meer ab, wie die ukrainische Armee mitteilte.

Der Gouverneur von Luhansk, Serhij Hajdaj, berichtete im Nachrichtenkanal Telegram von schweren Zerstörungen in den umkämpften Städten Lyssytschansk und Popasna. Vier Menschen seien bei russischen Angriffen im Gebiet Luhansk innerhalb eines Tages getötet und vier weitere verletzt worden. Die russische Armee habe mit Luftschlägen und Artillerie Dutzende Male zivile Ziele beschossen, sagte Hajdaj.

Mehr als zwei Monate nach dem Beginn des Angriffskrieges hat die russische Armee zuletzt ihre Angriffe im Osten und Süden der Ukraine verstärkt. Kiew räumte ein, dass die russischen Streitkräfte im Osten vorgerückt seien und mehrere Dörfer im Donbass eroberten hätten. Der Ukraine stehen nach Worten von Verteidigungsminister Oleksij Resnikow "extrem schwierige Wochen" bevor.
 

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