Einzige von russischer Armee eingenommene Großstadt wieder ''umkämpftes Gebiet''.
Kiew (Kyjiw)/Moskau/Cherson. Die ukrainische Armee hat US-Angaben zufolge eine Offensive zur Rückeroberung der Stadt Cherson im Süden des Landes gestartet. "Die Ukrainer versuchen, Cherson zurückzugewinnen, und wir würden sagen, dass Cherson derzeit wieder umkämpftes Territorium ist", sagte ein Vertreter des US-Verteidigungsministeriums am Freitag zu Journalisten in Washington.
"Wir können nicht genau bestätigen, wer die Kontrolle über Cherson hat, aber die Stadt scheint nicht so eindeutig unter russischer Kontrolle zu sein wie zuvor", sagte der Ministeriumsvertreter, der anonym bleiben wollte.
Das nahe der von Russland annektierten Halbinsel Krim gelegene Cherson war als erste Großstadt der Ukraine nach dreitägiger Belagerung Anfang März von der russischen Armee eingenommen worden. Dort gingen immer wieder zahlreiche Menschen auf die Straße, um gegen die russische Invasion zu protestieren. Zuletzt wurden die Demonstrationen gewaltsam unterdrückt. In der strategisch wichtigen Hafenstadt an der Mündung des Dnjepr leben 290.000 Menschen.
Deutsche Raketen und Maschinengewehre eingetroffen
In der Ukraine sind weitere Waffen aus Deutschland für den Kampf gegen die russischen Angreifer eingetroffen. Wie die Deutsche Presse-Agentur am Freitag aus ukrainischen Regierungskreisen erfuhr, handelt es sich um 1.500 Luftabwehrraketen vom Typ "Strela" und 100 Maschinengewehre MG3. Hinzu kommen 8 Millionen Schuss Munition für Handfeuerwaffen. Außerdem sind demnach auch weitere Hilfsgüter aus Deutschland für die ukrainischen Streitkräfte im Kriegsgebiet angekommen.
Darunter sind 350.000 Esspakete, 50 Fahrzeuge für den medizinischen Transport und Material für die medizinische Versorgung. Das deutsche Verteidigungsministerium wollte sich am Freitag nicht zu den Angaben äußern. Die stellvertretende Regierungssprecherin Christiane Hoffmann hatte zuvor gesagt, dass sich die Bundesregierung inzwischen nicht mehr öffentlich zu den Waffenlieferungen äußere. Bundestagsabgeordnete könnten aber Informationen über die an die Ukraine gelieferten Rüstungsgüter in der Geheimschutzstelle des Parlaments einsehen.
Putin wirft Westen Nazi-Methoden vor
Der russische Präsident Wladimir Putin hat dem Westen einen Feldzug gegen die russische Kultur im Stil der Nazis vorgeworfen. "Das letzte Mal, dass eine solch massive Kampagne zur Vernichtung anstößiger Literatur geführt wurde, war vor fast 90 Jahren von den Nationalsozialisten in Deutschland", sagte Putin am Freitag bei einem Treffen mit Künstlern und Kulturschaffenden.
"Tschaikowski, Schostakowitsch und Rachmaninow werden von Konzertankündigungen genommen, russische Autoren und ihre Bücher werden ebenfalls verbannt", behauptete Putin und verwies auf die Bücherverbrennungen der Nazis in Hitler-Deutschland. "Heute versuchen sie, ein ganzes tausendjähriges Land, unser Volk zu 'canceln'", sagte Putin. Alles, das mit Russland zusammenhänge, werde diskriminiert, mit Zustimmung der herrschenden Eliten. So kritisierte der 69-Jährige, dass in Hollywood-Filmen so getan werde, als hätten nur die USA Europa vom Hitlerfaschismus im Zweiten Weltkrieg befreit. Der Mut der Roten Armee hingegen, deren Soldaten einen entscheidenden Beitrag zum Sieg über Hitler geleistet hätten, bleibe außen vor.
Russland: Westen hat uns ''totalen Krieg'' erklärt
Mit Blick auf westliche Sanktionen hat der russische Außenminister Sergej Lawrow von einem gegen Moskau gerichteten "hybriden Krieg" gesprochen. "Heute haben sie uns einen echten hybriden Krieg erklärt, den totalen Krieg", sagte Lawrow am Freitag bei einer Sitzung mit Vertretern einer Diplomatie-Stiftung der Staatsagentur TASS zufolge.
"Diesen Begriff, der in Hitler-Deutschland verwendet wurde, sprechen jetzt europäische Politiker aus, wenn sie davon sprechen, was sie mit der Russischen Föderation tun wollen." Die tatsächliche Verwendung des Begriffs durch namhafte EU-Politiker in den vergangenen Wochen ist nicht bekannt. Im Jahr 1943 hatte NS-Propagandachef Joseph Goebbels in seiner berüchtigten Sportpalastrede zum "totalen Krieg" aufgerufen.
Lawrow sagte weiter, Europas Politiker wollten Russland "zerstören, brechen, vernichten, erdrosseln". "Wenn wir diese Gesetzlosigkeit der Sanktionen sehen, ist natürlich klar, dass all diese Werte, die uns unsere westlichen Kollegen ständig gepredigt haben - nämlich Meinungsfreiheit, Marktwirtschaft und die Unverletzlichkeit des Privateigentums, die Unschuldsvermutung - wertlos sind."
+++ Der oe24-LIVE-Ticker zum Nachlesen HIER +++