Ukriane-krise

Russische Angriffe auf Tschernihiw und Osten der Ukraine

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Entgegen der angekündigten Reduktion der militärischen Aktivitäten in der Nordukraine ist die Stadt Tschernihiw weiterhin von russischen Streitkräften angegriffen worden.

"Tschernihiw wurde die ganze Nacht bombardiert", teilte Gouverneur Wjatscheslaw Tschaus am Mittwoch mit. Schwere Angriffe gab es im Osten der Ukraine. Mindestens 15 Tote wurden aus Mykolajiw im Süden gemeldet. Und in Mariupol wurde ein Gebäude des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) angegriffen.

"Die Besatzer haben absichtlich ein IKRK-Gebäude in Mariupol bombardiert", schrieb Ljudmyla Denisowa, Menschenrechtsbeauftragte des ukrainischen Parlaments. "Feindliche Flugzeuge und Artillerie schossen auf ein Gebäude, das mit einem roten Kreuz auf weißem Grund gekennzeichnet ist, was auf die Anwesenheit von Verletzten oder ziviler oder humanitärer Fracht hinweist", hieß es in der Erklärung. Es gebe noch keine gesicherten Informationen, ob bei dem Angriff Menschen getötet oder verletzt wurden.

In Tschernihiw sei zivile Infrastruktur zerstört worden und die Stadt sei noch immer ohne Wasser und Strom, erklärte Tschaus im Onlinedienst Telegram . "Glauben wir der Ankündigung? Natürlich nicht", schrieb Tschaus mit Blick auf die russischen Aussagen. "Die 'verminderten Aktivitäten' zeigt der Feind in der Region Tschernihiw mit Angriffen auch aus der Luft auf Nischyn und die ganze Nacht über auf die (Stadt) Tschernihiw." Tschernihiw und die gleichnamige Region liegen nordöstlich der Hauptstadt Kiew.

Auch in Kiew selbst und Umgebung waren in der Nacht mehrmals die Sirenen zu hören. "In den letzten 24 Stunden haben die Russen 30 Mal bewohnte Viertel und zivile Infrastruktur in der Region Kiew bombardiert", sagte der Gouverneur der Region, Olexander Pawljuk. Am stärksten betroffen sei der Vorort Irpin, der nach ukrainischen Angaben am Montagabend von den russischen Truppen "befreit" worden war.

Der ukrainische Generalstab rechnet jedenfalls nicht mit einem großangelegten Abzug russischer Truppen aus Gebieten nahe Kiews. Der Gegner habe wegen seiner Verluste wohl nur "vorübergehend das Ziel aufgegeben, Kiew zu blockieren", teilte der Generalstab Mittwochmittag mit. Stattdessen gruppierten sich die russischen Truppen um und konzentrierten sich auf Angriffe im Osten und Süden der Ukraine. Bestätigt wurde ein Teilrückzug russischer Einheiten von dem Ort Browary, der östlich der Millionenstadt Kiew liegt.

Schwere Angriffe gibt es jedoch in der ostukrainischen Region Donezk. Fast alle Städte entlang der Demarkationslinie lägen unter Beschuss, sagt Gouverneur Pawlo Kyrylenko im ukrainischen Fernsehen. Die Lage könne sich noch verschärfen, da die russischen Truppen sich auf Angriffe in der Region konzentrierten. Die Demarkationslinie trennt die Gebiete unter ukrainischer Kontrolle von dem Territorium, das in der Hand von prorussischen Separatisten ist.

Nach russischen Angaben wurden mit Boden-Boden-Raketen zwei Munitionslager in Donezk zerstört. In dem Ort Kamjanka habe die ukrainische Armee Munition für ihre Raketenartillerie gelagert, sagte der Sprecher des Verteidigungsministeriums, Generalmajor Igor Konaschenkow. Insgesamt seien binnen 24 Stunden 64 militärische Objekte der Ukraine zerstört worden. Die Ukraine habe auch drei Flugabwehrsysteme der Typen S-300 und Buk verloren sagte Konaschenkow. Die Angaben über das Kampfgeschehen sind nicht unabhängig überprüfbar.

Außerdem hätten russische Raketen, die von Flugzeugen abgefeuert wurden, Treibstofflager bei Starokostjantyniw und Chmelnizki im Westen der Ukraine getroffen. Dies deckt sich mit ukrainischen Angaben über Raketenangriffe in der Region.

Ähnlich auch die Situation in der Region Luhansk im Osten des Landes: Der dortige Gouverneur berichtete von schwerem Artilleriebeschuss von Wohngebieten in der Ortschaft Lysytschansk. "Einige Hochhäuser wurden beschädigt", schreibt Serhij Gaidai auf Telegram. Man sei dabei, Informationen über Opfer zu bestätigen. "Viele Gebäude sind eingestürzt. Rettungskräfte versuchen, die noch Lebenden zu retten."

Mindestens 15 Tote wurden derweil nach dem russischen Raketentreffer auf die Gebietsverwaltung im südukrainischen Mykolajiw gemeldet. Rettungskräfte bargen zunächst drei Tote, doch dann stieg die Zahl der Toten bis Mittwoch auf 15 Todesopfer. 34 Menschen seien verletzt worden, teilte der Gouverneur des Gebiets, Witalij Kim, mit. Das Geschoß hatte am Dienstag ein klaffendes Loch in das Verwaltungshochhaus gerissen. Auch Kims Arbeitszimmer wurde nach seinen Angaben zerstört, er hatte sich aber nicht dort aufgehalten. Mykolajiw blockiert für die von Süden angreifenden russischen Truppen den Weg in die wichtige Hafenstadt Odessa.

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