Fahrplan für die Wahlnacht

US-Wahl: Darum wird es am Mittwoch noch keinen Sieger geben

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Experte Filzmaier glaubt 'mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit', dass das Ergebnis erst in Tagen feststehen wird.

Die Mehrheit der Stimmen wurde schon vor dem Wahltag abgegeben, und fast alle Prognosen sehen einen der beiden Kandidaten haushoch vorne: Eigentlich sollte die US-Präsidentenwahl am Dienstagabend schnell entschieden sein. Doch wegen der verzögerten Auszählung der Briefwahlstimmen in einigen wahlentscheidenden Staaten ist völlig offen, ob es noch in der Nacht einen Sieger geben wird. Wenn überhaupt, dann hat nur Favorit Joe Biden eine Chance, den Sack zuzumachen.
 
Schon vor vier Jahren hatte es wegen des knappen Rennens zwischen Donald Trump und Hillary Clinton länger gedauert als üblich. Um genau 2.29 Uhr Ortszeit (8.29 Uhr MEZ) erklärte die US-Nachrichtenagentur AP den Republikaner zum Überraschungssieger der Wahl. Diesmal scheint ein solches Szenario unwahrscheinlich, weil Trump für einen Sieg dringend die 20 Wahlmännerstimmen aus Pennsylvania benötigt - das aber noch in den Tagen nach der Wahl Briefwahlstimmen zählt. Biden könnte hingegen auch ohne die Stimmen seines Geburtsstaates auf die erforderlichen 270 Wahlmännerstimmen kommen.
 
Der Politikwissenschafter, Demoskop und US-Experte Peter Filzmaier weist im APA-Gespräch darauf hin, dass ungeachtet des Wahlverlaufs bereits in sechs Staaten Klagen anhängig seien, darunter auch die wichtigen "Swing States" Pennsylvania und Michigan. "Wir werden mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit am Mittwoch nicht wissen, wer gewonnen hat", betonte Filzmaier. Es müsste also schon einen "Erdrutsch für Biden" geben, damit dieser bereits in der Wahlnacht als Sieger feststehe.
 
0.00 Uhr MEZ - Es geht los: In den Staaten Kentucky und Indiana schließen die ersten Wahllokale. Prognosen gibt es aber noch keine, weil dort in einigen Regionen noch gewählt wird.
 
1.00 Uhr - Nach Wahlschluss in sechs Staaten werden Trump und Biden ziemlich schnell ihre ersten Wahlmännerstimmen zugeschlagen bekommen. Indiana (11 Wahlmänner), Kentucky (8) und South Carolina (9) gelten als republikanische Hochburgen, Vermont (3) und Virginia (13) als demokratische. Aber es ist mit Georgia (16) auch der erste Swing State dabei. Sollte sich Biden dort ein enges Rennen mit Trump liefern, wäre dies ein gutes Omen für ihn. Schließlich hat Bill Clinton im Jahr 1992 als bisher letzter Demokrat den US-Südstaat gewonnen. Ein belastbares Ergebnis aus Georgia dürfte es aber nach Einschätzung der Statistikseite Fivethirtyeight erst "nach Tagen" geben.
 
1.30 Uhr - Wahlschluss in West Virginia (5), North Carolina (15) und Ohio (18). Die fünf Elektoren aus dem tiefroten West Virginia werden schnell auf das Konto Trumps wandern, doch die beiden anderen Staaten mit insgesamt 33 Wahlmännern sind umkämpft. In North Carolina sehen die Umfragen gut für Biden aus, doch wird er sich den Staat wegen der ausständigen Briefwahlstimmen nur bei einem deutlichen Vorsprung noch in der Nacht sichern können. Ohio ist ein "Must win" für Trump, der sich dort vor vier Jahren klar gegen Hillary Clinton durchgesetzt hat. Ein knappes Rennen oder gar eine Führung Bidens wäre eine Hiobsbotschaft für Trump.
 
2.00 Uhr - In 14 Staaten und dem Hauptstadtbezirk schließen die Wahllokale, darunter die Swing States Florida (29) und Pennsylvania (20). Es ist der frühestmögliche Zeitpunkt für eine Siegeserklärung, weil die nun geschlossenen Staaten zusammen genau 270 der 538 Wahlmänner stellen. Während im Sunshine State die Brief- und Frühwählerstimmen bereits vor dem Wahltag gezählt werden und somit bald eine Prognose vorliegen könnte, droht in Pennsylvania wegen verzögerter Auszählungen ein Chaos. Trump und Biden werden um 2.00 Uhr trotzdem fleißig Wahlmänner sammeln, weil die anderen Staaten durchwegs "sicher" demokratisch bzw. republikanisch sind. Trump dürfte die Stimmen von Alabama (9), Mississippi (6), Missouri (10), Oklahoma (7) und Tennessee (11) auf sein Konto buchen können, Biden jene von Connecticut (7), Delaware (3), Illinois (20), Maine (3 von 4), Maryland (10), Massachusetts (11), New Hampshire (4), New Jersey (14), Rhode Island (4) und Washington D.C. (3). Insgesamt würde Trump so 43 Stimmen sammeln, Biden 79.
 
2.30 Uhr - Mit Wahlschluss im tiefroten Arkansas (6) kann Trump seinen zu diesem Zeitpunkt wahrscheinlichen Rückstand auf Biden etwas verringern.
 
3.00 Uhr - Wieder schließen in 14 Staaten die Wahllokale, darunter die vor vier Jahren von Trump gewonnenen Swing States Michigan (16), Wisconsin (10) und Arizona (11) sowie die wackelnde Republikaner-Festung Texas (38). Im Fall einer "blauen Welle" für Biden könnte zu diesem Zeitpunkt eine Vorentscheidung fallen. Umfragen lassen einen klaren Sieg für Biden in Wisconsin und Michigan erwarten. In Arizona hat er Vorteile, in Texas eine nicht zu vernachlässigende Chance. Doch in beiden Staaten hängt ein demokratischer Sieg stark von Briefwahlstimmen ab, die bis in den Freitag hinein gezählt werden dürften. Schneller könnte es im zweiten Kongresswahlbezirk von Nebraska gehen, der eine Stimme wert ist - und zu Biden tendiert. Ziemlich sicher wird der Demokrat zur Halbzeit der Wahlnacht weitere 53 Wahlmänner sammeln können, und zwar in Colorado (9), Minnesota (10), New Mexico (5) und New York (29). Trump wiederum kann 27 Stimmen aus Kansas (6), Nebraska (4 von 5), Nord Dakota (3), South Dakota (3) und Wyoming (3) einplanen.
 
4.00 Uhr - Wahlschluss in vier Staaten, die aber ziemlich langsam auszählen. Utah (6) ist aber eine Bank für Trump, ebenso wie Nevada (6) für Biden. Etwas unklarer ist die Lage in Iowa (6) und Montana (3), wo aber der Amtsinhaber jeweils Vorteile hat. Weil Iowa noch bis zum 9. November einlangende Briefwahlstimmen zählt, wird es in dem traditionellen Swing State kaum ein belastbares Ergebnis in der Wahlnacht geben.
 
5.00 Uhr - Ein Boost für Biden kommt mit dem Wahlschluss in Kalifornien (55), Washington (12) und Oregon (7). Die drei Staaten zählen zu den größten Demokraten-Hochburgen der USA. Trump wird ebenso klar den Staat Idaho (4) gewinnen, doch bei einem "blauen Tsunami" könnte dies nur noch Ergebniskosmetik sein. Sollte Biden nämlich zu diesem Zeitpunkt neben seinen Hochburgen auch klare Siege in Georgia, North Carolina, Ohio, Florida und Arizona eingefahren haben, liegt er schon bei 277 Wahlmännerstimmen und die Präsidentschaft wäre ihm nicht mehr zu nehmen.
 
6.00 / 7.00 Uhr - Mit Hawaii (4) und Alaska (3) schließen in den letzten US-Staaten die Wahllokale. Hawaii wird sicher an Biden gehen, Alaska höchstwahrscheinlich an Trump. Doch auch in letzterem könnte das Ergebnis auf sich warten lassen, weil die Briefwahlstimmen überhaupt erst ab dem 10. November gezählt werden. Es gilt aber als unwahrscheinlich, dass das Ergebnis der Präsidentenwahl von einem dieser beiden Staaten abhängt.
 
Nach den Berechnungen von Fivethirtyeight wird es zu diesem Zeitpunkt wohl eher keinen Wahlsieger geben. Biden dürfte bei 192 Wahlmännern liegen, Trump bei 119. Dem Demokraten würden damit noch 78 Stimmen auf die Mehrheit fehlen, um die Staat für Staat langwierig gerungen werden dürfte.
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