Ein Jahr danach

Was aus dem Projekt Zeitumstellung wurde

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Vor einem Jahr wurde das Aus der Zeitumstellung beschlossen.

Beim geplanten Ende der Zeitumstellung gibt es im Kreis der EU-Staaten ein Jahr nach Veröffentlichung der Kommissionspläne wenig Fortschritte. Ein großer Teil der Länder habe noch keine Position, heißt es aus Diplomatenkreisen in Brüssel. Es herrsche Sorge, dass die Auswirkungen einer Änderung nicht ausreichend erforscht und analysiert seien.
 

80 Prozent gegen Zeitumstellung

Die EU-Kommission hatte am 31. August 2018 die Ergebnisse einer öffentlichen Befragung verkündet, wonach sich von 4,6 Millionen Teilnehmern mehr als 80 Prozent für die Abschaffung der halbjährlichen Zeitumstellung aussprachen. Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker kündigte an, einen formalen Gesetzesvorschlag vorzulegen. Das Europaparlament sprach sich seitdem mit breiter Mehrheit dafür aus, die Umstellung 2021 abzuschaffen. Damit die Änderung in Kraft treten kann, müssten aber auch die EU-Staaten mehrheitlich zustimmen. Bei den zuständigen Verkehrsministern gab es dazu bisher keine Einigung.
 
Dabei schien die Sache ursprünglich einfach: "Millionen haben geantwortet und sind der Auffassung, dass es so sein sollte, dass die Sommerzeit in Zukunft für alle Zeit gilt", sagte Juncker bei der Vorstellung der Befragungsergebnisse. Dass die 4,6 Millionen Teilnehmer weniger als ein Prozent der EU-Bürger darstellen, dass allein drei Millionen von ihnen aus Deutschland kommen - geschenkt. Die ewige Sommerzeit schlug die Kommission übrigens gar nicht vor. In ihrem Entwurf ist lediglich vorgesehen, dass die halbjährliche Umstellung abgeschafft wird. Die Staaten sollen selbst wählen können, ob sie dauerhaft Sommer- oder Winterzeit wollen.
 

Fleckerlteppich

Und genau hier liegt wohl das größte Problem. Derzeit gibt es in Mitteleuropa eine große Zeitzone von Polen bis Spanien, zu der Österreich, Deutschland und 15 weitere EU-Länder gehören. Einige Länder - etwa Griechenland - sind eine Stunde voraus, andere - zum Beispiel Portugal - eine Stunde zurück. Ein wichtiges Anliegen etlicher Staaten ist es daher, einen Zeit-"Fleckerlteppich" zu vermeiden. Dafür müssen sie sich nicht nur jeweils intern, sondern auch untereinander abstimmen - und das braucht Zeit.
 
Hinzu kommt, dass die Staaten eigentlich derzeit ganz andere Probleme haben: Am 31. Oktober droht ein ungeregelter Austritt Großbritanniens aus der EU, die stockende Reform des EU-Asylrechts droht die Union weiter zu spalten, bei den heiklen Verhandlungen über den künftigen EU-Finanzrahmen gibt es wenig Fortschritte. Und am 1. November soll auch noch die neue Kommission unter der designierten Präsidentin Ursula von der Leyen die Arbeit aufnehmen. Diese könnte den Vorschlag dann theoretisch auch wieder zurückziehen.
 
Hinter vorgehaltener Hand wird in Brüssel getuschelt, der Vorschlag sei eine verhüllte Retourkutsche von Kommissionschef Juncker. Aus seiner Sicht musste die Behörde oftmals als Sündenbock für vermeintliches Versagen der EU herhalten, wenn es eigentlich die Staaten waren, die sich untereinander nicht einigen konnten. Als Antwort auf die zunehmende Forderung nach nationaler Souveränität habe er ihnen daher eine Nuss vorgelegt, die allein keiner von ihnen knacken kann, so die Vermutung.
 

Andere Themen

Die EU-Kommission selbst kommentiert die Angelegenheit naturgemäß sachlicher. "Die Kommission hat die Sommerzeit-Frage nach zahlreichen Forderungen von Bürgern und Staaten, einer Resolution des Europaparlaments, einer Zahl an Studien und einer öffentlichen Befragung auf die politische Agenda gehievt", sagte ein Sprecher der Brüsseler Behörde. Es sei nun an den EU-Staaten, eine gemeinsame Position zu finden.
 
Für Finnland, das bis Ende des Jahres den Vorsitz unter den EU-Staaten hat, ist es eine undankbare Aufgabe. Die Finnen haben zudem ganz andere Themen während ihrer Ratspräsidentschaft zur Priorität erklärt, allen voran den Klimaschutz. Die nächste offizielle Gelegenheit, das Thema abzuschließen, bietet sich beim Treffen der Verkehrsminister im Dezember. Wenn sie das nicht schaffen, könnte es irgendwann auch bei den Staats- und Regierungschefs landen. Davon sei im Moment aber noch keine Rede, heißt es in Brüssel.
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