Die Verkehrsbetriebe der meisten deutschen Städte lehnen die Atheisten-Privatinitiative ab. Man will mit den atheistischen Sprüchen auf öffentlichen Verkehrsmitteln keine religiösen Gefühle verletzen.
Für ein glückliches Leben ohne Gott wollten sie werben, doch die Verkehrsbetriebe vieler deutscher Städte sagten "Nein". Die Liste der Absagen für die Atheisten-Privatinitiative ist lang: Berlin, München, Stuttgart, Dresden, Potsdam, Hamburg, Leipzig, Dortmund, Regensburg, Bremen, Köln und Frankfurt/Main. In all diesen Städten wollten die Verkehrsbetriebe keine Sprüche umherfahren wie "Es gibt (mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit) keinen Gott". Die Gruppierung "Säkulare Werbekampagne in Deutschland" hat mit ihrer Weltanschauungswerbung einen kleinen Kulturkampf ausgelöst. Nach langem Suchen hat sie jetzt eine Zusage aus der Ruhrgebietsstadt Essen erhalten.
10.000 Euro gesammelt
Seit Anfang März haben die Atheisten
mehrere zehntausend Euro per Internet-Aufruf gesammelt. Inspiriert ist die
Kampagne von ähnlichen Aktionen in Großbritannien, Spanien und Italien. Da
sich in Deutschland bisher nur die Stadt Essen traut, haben die Aktivisten
nun zusätzlich einen Berliner Doppeldecker gemietet und mit ihren
Werbesprüchen beklebt. Mit diesem "gottlosen" Gefährt wollen sie vom 30. Mai
an eine Deutschland-Tour starten.
Religiöse Inhalte in den Öffis
"Jesus liebt dich" - zum
Beispiel in der U-Bahn: Werbung dieser Art, also mit religiösen Inhalten,
gibt es in Deutschland oft. Umso erstaunter war der bekennende Atheist
Philipp Möller (28), als es für die Werbung gegen die Existenz Gottes, die
er und einige Mitstreiter planten, plötzlich Absagen hagelte.
Sichtbarkeit
35 Prozent der Deutschen gehörten keiner bestimmten
Glaubensrichtung an. Auch wenn das nicht zwingend bedeute, dass sie alle
Atheisten sind und damit die Existenz Gottes bestreiten oder wie die
Agnostiker die Existenz Gottes bezweifeln. Aber an diese konfessionslosen
Menschen wolle man sich richten. Ihre Weltanschauung solle einfach einmal
sichtbar werden.
Ärger
Möller sagt: "Wir wollen niemanden bekehren." Er
ärgert sich besonders über Absagen wie die aus Bremen. "Dort lehnte man uns
am Telefon mit der Begründung ab, kurz vor dem Kirchentag im Mai einen
Imageschaden durch unsere Kampagne zu befürchten."
Berlin reagiert
Eine recht weitreichende andere Folge hat die
Atheisten-Aktion außerdem bereits - und zwar bei den Berliner
Verkehrsbetrieben (BVG). Kritiker hatten dem Unternehmen vorgeworfen,
Christen zu bevorzugen. Denn die BVG hatte den Initiatoren des inzwischen
gescheiterten Berliner Volksbegehrens "Pro Reli" erlaubt, in der U-Bahn
Unterschriften zu sammeln, während sie die atheistische Werbekampagne
ablehnte. Nun aber hat sich das Unternehmen eine Werbebeschränkung
auferlegt. "Wir lassen in Zukunft keinerlei religiöse oder sonstige
weltanschauliche Werbung mehr zu."