Domenica Niehoff war in den 70er und 80er Jahren bekannt geworden, weil sie sich als Prostituierte geoutet hatte und für die Rechte von Sexarbeiterinnen gekämpft hatte.
Zwei Wochen nach dem Tod der Ex-Hure Domenica haben am Freitag zahlreiche Menschen auf dem Hamburger Kiez Abschied von Deutschlands berühmtester Prostituierten genommen. Rund 500 Freunde, Bekannte und frühere Kolleginnen nahmen an dem Trauermarsch teil, der bei regnerischen Wetter zunächst durch die berüchtigte Herbertstraße, dem früheren Arbeitsplatz Domenicas, führte. "Wenn es eine heilige Hure gibt, dann war sie das. Sie hat soviel für die Frauen getan", sagt Sigi, eine alte Weggefährtin. Die 63-jährige Domenica war Mitte Februar in einem Altonaer Krankenhaus nach einem Lungenleiden gestorben. In den 70er und 80er Jahren wurde sie bekannt, weil sie sich als Prostituierte outete und für die Rechte der Huren einsetzte.
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"Haus Nummer 7 b hat ihr gehört und in der zehn hat sie auch mal gearbeitet", erinnert sich Kneipier Horst Schleich, während er durch die Herbertstraße läuft. "Sie hatte ein großes Herz." Sieben Jahre lang hätten sie Tag und Nacht miteinander verbracht, rein platonisch natürlich. "Ich schätze sie am meisten für ihre Ehrlichkeit", ergänzt die ehemalige Striptease-Tänzerin Helga Geiger.
Kiezvolk trug schwarz
Nach einer Schweigeminute zieht das bunte
Kiezvolk, das an diesem Tag zumeist in schwarz gekleidet ist, weiter in
Richtung St. Pauli Kirche. An der Spitze des Trauerzugs läuft der Fotograf
Günter Zint, der den Abschied organisiert hat. In den Händen trägt er ein
großes Porträt Domenicas. Auch die Grünen-Bundestagsabgeordnete Krista Sager
befindet sich unter den Trauernden: "Sie war eine großartige
Geschichtenerzählerin, aber auch sehr chaotisch. Ihr Leben war ein
Balanceakt", sagt Sager.
Bewegtes Leben
Erst im vergangenen Jahr war die gebürtige
Kölnerin aus der Eifel, wo sie sich erfolglos als Pensionswirtin versucht
hatte, zurück auf den Hamburger Kiez gezogen. Die selbstbewusste Frau mit
den streng zurückgebundenen Haaren hatte in den zurückliegenden Jahrzehnten
viele Stationen durchlebt und durchlitten: Zehn Jahre Waisenhaus, Heirat mit
einem Bordellbesitzer, Selbstmord ihres Mannes, Arbeit als Hure in München
und Hamburg, Ausstieg, Streetworkerin, verschuldete Kneipenbesitzerin.
"Damals kam sie oft auf einen Tee mit Rum bei mir vorbei", erzählt Gastronom
Uwe Christiansen, der eine benachbarte Bar betreibt. "Statt mit Geld hat sie
damals immer mit Erinnerungsstücken aus der Herbertstraße gezahlt. Mal war
es ein Zigarettenetui, mal ein Aschenbecher."
Nach Angaben von Zint soll Domenica im "Garten der Frauen" auf dem Ohlsdorfer Friedhof beigesetzt werden. Derzeit ist ihr Sarg, geschmückt mit roten Rosen, noch in der St. Pauli Kirche aufgebahrt. Kerzen brennen, zahlreiche Kränze sind aufgestellt. "Für eine Kämpferin", steht auf einem Band. "Sie war der menschlichste Mensch, den ich kenne", sagt Weggefährtin Sigi, mit trauriger Stimme. "Sie hat mich gelehrt, mit dem Herzen zu hören."
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