Kein Durchbruch im Marco-Prozess: Der junge Deutsche bleibt weiterhin in U-Haft, weil der Prozess abermals vertagt worden ist.
Der seit sieben Monaten in der Türkei inhaftierte Schüler muss zumindest bis vor Weihnachten im Gefängnis ausharren. Das Gericht in Antalya vertagte das Missbrauchsverfahren gegen den 17-Jährigen am Dienstag auf den 14. Dezember. Für seine weitere Untersuchungshaft wurde Marco in ein moderneres und neueres Gefängnis verlegt. Der Bub aus dem niedersächsischen Uelzen ist angeklagt, in den Osterferien die 13- jährige Britin Charlotte sexuell missbraucht zu haben. Er bestreitet den Vorwurf. Marcos Verteidiger kündigten juristische Schritte gegen die Fortdauer der Untersuchungshaft an.
Dokumente noch nicht übersetzt
Obwohl Charlotte bereits
Anfang Oktober in England vernommen worden war, lag ihre schriftliche
Aussage dem Gericht am Dienstag noch immer nicht in türkischer Übersetzung
vor. Das Gericht ermunterte die Verteidigung, zur Beschleunigung des
Verfahrens selber für die Einbringung der übersetzten Dokumente zu sorgen.
Charlottes Anwalt hatte die 170-seitige Vernehmung dem Gericht bereits vor
vier Wochen auf Englisch vorgelegt. Das Gericht hatte die Aussage in dieser
Form aber nicht berücksichtigen können. In ihrer Vernehmung habe Charlotte
Marco der versuchten Vergewaltigung bezichtigt, erklärte ihr Anwalt.
Menschenrechte verletzt?
Marcos Anwalt Michael Nagel kündigte
eine erneute Beschwerde gegen die anhaltende Untersuchungshaft an. Zwei
vorangegangene Beschwerden hatte das Gericht abgelehnt. Außerdem erwäge die
Verteidigung weiterhin, noch in diesem Jahr den Europäischen Gerichtshof für
Menschenrechte wegen der langen Untersuchungshaft einzuschalten. Die
maximale Dauer der Untersuchungshaft beträgt in der Türkei ein Jahr, bei
schweren Vergehen zwei Jahre. "Die Entscheidung ist für mich völlig
unverständlich", sagte Nagel. Das Verhalten des Gerichts mache ihn
"sprachlos".
Trotz der erneuten Vertagung äußerte sich Marcos weiterer Verteidiger Matthias Waldraff optimistisch, dass Marco Weihnachten bei seiner Familie in Niedersachsen feiern könne. "Ich bin guter Hoffnung, dass Marco Weihnachten zu Hause sein wird", sagte Waldraff am Dienstag in Uelzen.
Seit Ostern im Gefängnis
Marco und Charlotte hatten sich
während des Osterurlaubs im südtürkischen Badeort Side kennengelernt. Nach
einem gemeinsamen Disco-Abend landeten beide mit anderen Jugendlichen in
Charlottes Hotelzimmer. Dort sei es auf Initiative Charlottes, die sich
zudem als 15-Jährige ausgegeben habe, zu Zärtlichkeiten gekommen, erklärte
Marco später. Nach Charlottes Darstellung hatte sie bereits geschlafen, als
es zu Dingen kam, mit denen sie nicht einverstanden war. Nach einer Anzeige
von Charlottes Mutter, die in einem separaten Hotelzimmer einquartiert war,
wurde Marco noch im Hotel festgenommen.