Deutschland

Prozess um Holzklotzwurf beginnt

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Am Ostersonntag des Vorjahres wurde ein sechs Kilo schwerer Holzklotz auf die Windschutzscheibe eines fahrenden Autos geworfen. Die Beifahrerin starb.

Ein Klotz aus Pappelholz, 24 Zentimeter hoch, 18 Zentimeter im Durchmesser und sechs Kilogramm schwer: Es war ein tödliches Geschoss, das am Ostersonntagabend die Windschutzscheibe des Autos von Familie K. aus dem westfälischen Telgte durchschlug, geworfen von einer Brücke über die A 29 bei Oldenburg. Der Klotz traf die 33-jährige Beifahrerin Olga K., die mit ihrem Mann und ihren zwei Kindern auf dem Rückweg aus dem Urlaub war. Sie starb vor den Augen ihrer Familie. Gut sieben Monate später beginnt am Dienstag vor dem Oldenburger Landgericht der Prozess gegen den mutmaßlichen Täter.

Zeuge wird zum Verdächtigen
Der 30-jährige Nikolai H. aus der an der Autobahn gelegenen Gemeinde Rastede ist des "heimtückischen und mit gemeingefährlichen Mitteln begangenen Mordes" angeklagt. Außerdem wirft die Staatsanwaltschaft ihm einen gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr vor. 16 Verhandlungstage bis Ende Jänner hat die Schwurgerichtskammer zunächst angesetzt, 40 Zeugen sollen unter anderem aussagen. Den Prozess begleiten verschärfte Sicherheitsauflagen: So soll es neben Sprengstoff-Spürhunden, zusätzlichen Gerichtswachtmeistern und einer Einlasskontrolle mit Metalldetektoren auch eine gläserne Trennwand zum Publikum geben, wie Gerichtssprecher Mario von Häfen sagt. Hintergrund seien Morddrohungen, von denen das Gericht Kenntnis erhalten habe.

Der Sozialhilfeempfänger H. hatte nach seiner Festnahme im Mai die Tat zunächst zugegeben. Er habe aus "allgemeinem Frust" gehandelt, sagte er damals laut Polizei. Inzwischen hat er das Geständnis widerrufen. Seine Anwälte warfen den Ermittlern unter anderem vor, ihr drogensüchtiger Mandant habe während des Verhörs unter Entzugserscheinungen gelitten.

Knapp zwei Wochen nach Ostern hatte sich H. bei der Polizei zunächst als angeblicher Zeuge gemeldet - den Ermittlern zufolge befürchtete er angesichts eines öffentlich erwogenen DNA-Massentests vielleicht, auf der Tatwaffe Spuren hinterlassen zu haben, und wollte deren Herkunft erklären. Jedenfalls gab er an, er habe am Sonntag gegen Nachmittag auf der Brücke einen Holzklotz auf dem Radweg liegen sehen, diesen beiseite geräumt und ans Geländer gestellt, bevor er weitergefahren sei.

In Widersprüche verstrickt
In der Folge habe sich H. jedoch in Widersprüche verstrickt und kein Alibi gehabt, sagt Staatsanwalt Stefan Schmidt. So sei anhand seiner Handydaten feststellbar, dass er sich zum Tatzeitpunkt nicht wie angeben zu Hause aufgehalten habe. Als es um eine spurentechnische Untersuchung seines Fahrrads gegangen sei, habe H. gesagt, dieses sei gestohlen - als gestohlen gemeldet gewesen sei es jedoch nicht. Zudem hätten sich die Angaben des Angeklagten nicht mit denjenigen anderer Zeugen gedeckt, die "definitiv sagen, dass sich die Tatwaffe dort nachmittags noch nicht befunden hat".

Nicht zuletzt belastet H. am Holzklotz haftender Sand, der laut Analyse des Landeskriminalamts (LKA) sehr wahrscheinlich von seinem Grundstück stammt. Zwei LKA-Experten zählen auch zu den Sachverständigen, die das Landgericht für den Prozess vorgesehen hat. Auch ein Diplom-Biologe soll zu dem Pappelklotz aussagen. Zunächst hat die Kammer jedoch einen Psychiater geladen, der Auskunft zur Schuldfähigkeit von Nikolai H. geben soll.

Bundesweite Betroffenheit
Der tödliche Holzklotzwurf von Oldenburg hatte bundesweite Betroffenheit, aber auch eine Serie von Nachahmungstaten an Autobahnbrücken ausgelöst. Einer Umfrage zufolge hatten in der Folgezeit 60 Prozent der Deutschen beim Fahren auf der Autobahn Angst, dass jemand von der Brücke Gegenstände werfen und ihr Fahrzeug treffen könnte.

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