Belgien führt als erstes Land in Europa Zigarettenpackerln mit Schock-Bildern ein. In Österreich bleibt vorerst die alte Verordnung.
In Österreich wird gerade die Nichtraucher-Debatte für alle Restaurants geführt, in Deutschland hat man sich bereits auf ein Rauchverbot in öffentlichen Räumen und Restaurants verständigt. Jetzt führt Belgien eine noch drastischere Maßnahme ein: Als erstes Land Europas versieht es Zigarettenschachteln neben schriftlichen Warnhinweisen auch noch mit schockierenden Fotos. Ob die Fotos auch nach Österreich kommen, ist noch nicht klar.
Von dieser Woche an dürfen Tabakkonzerne nur noch Pakerln mit solchen Bildern ausliefern. Die Einzelhändler haben nun bis Juni 2007 Zeit, um ihre Bestände vollständig durch bebilderte Packungen zu ersetzen. Die ersten stehen bereits in den Regalen. Bilder von Zahnruinen, zerfressenen Lungen und Tumoren werden künftig zu sehen sein.
EU schickte 42 Motive zur Auswahl
Die Initiative geht auf den
früheren EU-Gesundheitskommissar David Byrne zurück, der den Katalog mit 42
Bildern 2004 an alle 25 EU-Regierungen geschickt hatte. Man müsse die
Menschen „aus ihrer rauchseligen Zufriedenheit herausreißen“, mahnte er.
Kaum eine Botschaft sei stärker als eine visuelle. In der EU sterben
jährlich über eine halbe Million Menschen an den direkten und indirekten
Folgen des Rauchens, wie die EU-Kommission ermittelt hat.
Die Belgier haben die Möglichkeit, zwischen unterschiedlich dramatischen Bildern zu wählen. Wer den Anblick des verkrebsten Halses nicht erträgt, kann im Laden beispielsweise nach einem Päckchen mit einem symbolischen verschrumpelten Apfel („Rauchen lässt Ihre Haut altern“) verlangen.
Bilder zeigen - geringe - Wirkung
Zigarettenschachteln mit
Bildern sind unter anderem in Kanada, Brasilien, Singapur und Thailand im
Umlauf. Eine vom kanadischen Institut für Gesundheitsforschung (CIHR)
finanzierte Studie machte 2002 deutliche Auswirkungen aus: So erklärte jeder
vierte befragte Raucher, sich wegen der Bilder schon mindestens einmal die
Lust auf den Glimmstengel verkniffen zu haben.
Industrie gelassen
Bei Philip Morris (Marlboro, L&M), dem
umsatzstärksten Hersteller auf dem belgischen Zigarettenmarkt, zeigt man
sich gelassen: Die Umsätze hingen von zu vielen Faktoren ab, als dass man
Vorhersagen über mögliche Auswirkungen treffen könne, so Sprecher Richard
James. Der zweitgrößte Hersteller British American Tobacco (Lucky Strike,
Kent) reagiert ähnlich: Man erwarte keine nennenswerten Einbrüche, so Wouter
De Backer, Leiter für Unternehmens- und Rechtsfragen in Belgien. „Die
Menschen werden sich an die Bilder gewöhnen, wie sie sich an die Texte
gewöhnt haben“, meint er.
Gesundheitsministerium bleibt bei "Texten"
Das
Gesundheitsministerium sieht keinen Bedarf, die bestehenden Regelungen zu
ändern. Es gäbe unterschiedliche Expertenmeinungen über die Wirkung der
Bilder, meint Sprecher Jürgen Beilein. In Österreich würden sich ziehmlich
schnell die 'Überschubkartons' - welche die Bilder verdecken - durchsetzen,
fügt er noch hinzu.