Neue Parteien legen zu

Schweiz-Wahlen: Rückschlag für SVP

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Rechtskonservative erstmals seit 1990er Jahren mit Verlusten.

Die rechtskonservative Schweizerische Volkspartei (SVP) hat bei der Parlamentswahl am heutigen Sonntag überraschend deutlich Federn lassen müssen. Sie stellt künftig 55 der 200 Abgeordneten im Schweizer Nationalrat, um sieben weniger als bisher, ergab eine Hochrechnung des Fernsehsenders SRG. Die Sozialdemokraten legten trotz leichten Stimmenverlusten auf 44 Sitze (+1) zu. Verluste gab es auch für die rechtsgerichteten Regierungsparteien FDP und CVP und die Grünen, während die neuen bürgerlichen Parteien BDP und GLP deutlich zulegten.

In Stimmen büßte die SVP von 28,9 auf 26,8 Prozent ein. "Das Wahlziel wurde nicht erreicht", gab SVP-Chef Toni Brunner unmittelbar nach Veröffentlichung der Hochrechnungsergebnisse unumwunden zu. Er hatte vor der Wahl das Knacken der 30-Prozent-Marke als Ziel ausgegeben. Nun fiel die erfolgsverwöhnte Partei sogar auf ihr Ergebnis aus dem Jahr 2003 zurück. Seit 1991 hatte die SVP noch bei jeder Wahl zulegen können, vor allem dank ihre strikten Anti-EU-Kurses und ihres Eintretens für eine restriktive Ausländerpolitik.

"Der einseitig auf Einwanderung fokussierte Wahlkampf hat die Wähler nicht mehr gleich mobilisiert wie 2007", analysierte der Politologe Georg Lutz im Gespräch mit der Nachrichtenagentur sda das unerwartet schlechte Abschneiden der SVP. Zugleich verwies er darauf, dass auch die anderen bürgerlichen Parteien verloren haben. FDP-Chef Fulvio Pelli musste am Wahlabend im Tessin sogar um seinen eigenen Nationalratssitz bangen.

Die Freisinnigen (FDP) verloren laut der Hochrechnung vier Sitze auf 31, die Christlich-demokratische Volkspartei (CVP) drei auf 28. Nutznießer dieser Entwicklung sind die beiden neuen bürgerlichen Parteien GLP (Grünliberale) und BDP (Bürgerlich-demokratische Partei), die jeweils neun Mandate zulegten. Die GLP hat künftig zwölf Sitze im Nationalrat, die BDP kam auf Anhieb auf neun Sitze. Der sensationelle Erfolg der beiden Mitte-Parteien setzte auch den linksgerichteten Grünen zu. Der Überraschungssieger der Wahl 2007 hat künftig nur noch 13 Mandate, sieben weniger als bisher.

Die Parlamentswahl ist von großer Bedeutung für die künftige Zusammensetzung der Schweizer Kollegialregierung, an der die größten Parteien des Landes entsprechend ihrer Stärke beteiligt sind. Derzeit stellen SP und FDP zwei Bundesräte, CVP, SVP und die von SVP-Dissidenten gegründete BDP je einen. Da die SVP wieder den Anspruch auf zwei Bundesräte angemeldet hat, wackelt der Sitz von BDP-Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf. Am Wahlabend sprachen sich die Chefs von SP und CVP für einen Verbleib der populären BDP-Politikerin in der Regierung aus, während sich die FDP hinter die SVP-Forderung nach einem zweiten Bundesratssitz stellte. Widmer-Schlumpf hat wegen ihrer Anti-Atom-Linie auch bei Grünen und GLP Fürsprecher.

Neben dem Nationalrat wurde auch der Ständerat gewählt, der nach dem Mehrheitswahlrecht bestimmt wird. In der Regionalvertretung des Parlaments hat jeder Kanton zwei Vertreter. Die Wahlbeteiligung lag laut der Hochrechnung bei 48 Prozent und somit nur leicht unter dem Wert des Jahres 2007.



 

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