Referendum

92,4 Prozent für neue Burmaverfassung

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Damit bleibt die Armee an der Macht. Trotz des Zyklons "Nargis" nahmen laut Staatsfernsehen 99% der Menschen am Referendum teil.

Die burmesische Militärjunta hat einen überwältigenden Erfolg bei dem von ihr angeordneten Plebiszit über die neue Verfassung verkündet. Sie veröffentlichte am Donnerstag ein Ergebnis, obwohl in 47 von dem Zyklon "Nargis" am schwersten verwüsteten Bezirken erst Ende nächster Woche abgestimmt wird. Die Machthaber hatten das Referendum am vergangenen Samstag eine Woche nach der Wirbelsturmkatastrophe ungeachtet internationaler Kritik durchgezogen. Die Opposition hatte von weitreichendem Wahlbetrug berichtet.

Angeblich gaben 20,7 Millionen Menschen die Stimmen ab
Nach Angaben des Staatsfernsehens votierten 92,4 Prozent für die Verfassung, 20,7 Millionen Menschen hätten ihre Stimme abgegeben. Nach Angaben der Demokratiebewegung drohten Behörden in einigen Bezirken bei Nein-Stimmen mit Haft- und Geldstrafen. In manchen Fällen stellten Wähler fest, dass ihr Votum längst eingetragen war, als sie in die Abstimmungskale kamen. Beobachter in dem südostasiatischen Land berichteten, viele Bürger seien gezwungen worden, in aller Öffentlichkeit mit "Ja" zu stimmen. UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon hatte die Junta ohne Erfolg aufgerufen, die Volksabstimmung zu einem späteren Zeitpunkt abzuhalten.

Neue Verfassung
Die neue Verfassung, deren Bestimmungen die Vorherrschaft des Militärs sichern, soll die 1988 außer Kraft gesetzte staatssozialistische Verfassung ersetzen, die 1974 unter der Diktatur von General Ne Win erlassen worden war. Burma wird seit 1962 vom Militär regiert. Die Nationale Liga für Demokratie (NLD) der unter Hausarrest stehenden Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi hatte die Wahlen zu einer Verfassungsgebenden Versammlung 1990 mit Vierfünftelmehrheit gewonnen, doch hatten die Militärs den Urnengang annulliert und die Machtübergabe an eine Zivilregierung verweigert. Der neue Verfassungstext stattet die Streitkräfte auch für den Fall von zugesagten "Mehrparteienwahlen" im Jahr 2010 mit einem Vetorecht im Parlament und in der Regierung aus. In beiden Parlamentskammern ist ein Viertel der Mandate dem Militär vorbehalten, gegen dessen Willen die Verfassung nicht geändert werden kann.

In einer großangelegten Aktion hat das Militär offenbar Zehntausende von Zyklon-Flüchtlingen aus den buddhistischen Klöstern im Irrawaddy-Delta geholt und in Unterkünfte der Regierung untergebracht. Etwa 80.000 Obdachlose hätten allein in Schulen und Tempeln der Stadt Labutta Zuflucht gesucht, berichteten Mönche am Donnerstag. Der Großteil sei auf Booten und Lastwagen in Lager der Militärs in die Städte Myaungmya und Pathein gebracht worden, sagte ein Mönch. Es sei unklar, ob die Flüchtlinge dort mit ausreichend Wasser und Nahrungsmitteln versorgt werden könnten. Nur noch etwa 20.000 Menschen seien in etwa 50 Klöstern in Labutta verblieben.

Friedliche Massenproteste im vergangenen Jahr
Im vergangenen Jahr hatten buddhistische Mönche friedliche Massenproteste angeführt, die das Regime blutig niederschlagen ließ. Zeitweise hatten in mehreren Städten täglich mehr als 150.000 Menschen gegen die Diktatur demonstriert, der schwerste Menschenrechtsverstöße zur Last gelegt werden, insbesondere Zwangsarbeit, Folter, brutale Verfolgung von ethnischen Minderheiten und Missbrauch von Kindersoldaten. Die spirituelle Autorität der Mönche ist in Burma kaum zu überschätzen. Dass sich gerade buddhistische Mönche im Vorjahr zu Tausenden an die Spitze der Volkserhebung gegen die Militärdiktatur stellten, stürzte deshalb auch die Soldaten in Konflikte.

Durch den Wirbelsturm starben nach neuesten Angaben mehr als 38.000 Menschen. Mehr als 27.000 Menschen werden vermisst, wie der staatliche Rundfunk am Mittwoch meldete. Der britische Entwicklungshilfeminister Douglas Alexander sagte in London unter Berufung auf Schätzungen von Hilfsorganisationen, die Zahl der Toten und Vermissten könnte auf über 200.000 steigen. Die Verteilung von Hilfsgütern verlief schleppend, weil die Militärjunta ausländische Helfer weitgehend ablehnte. Inzwischen wurde etwa 160 ausländischen Helfern aus Indien, China, Bangladesch und Thailand die Einreise gestattet. Der für Katastrophenhilfe zuständige EU-Kommissar Louis Michel hat die Militärherrscher aufgefordert, "sowohl Hilfe als auch internationale Helfer ins Land zu lassen". Der burmesische Sozialminister Maung Maung Swe habe ihm bei einem Gespräch jedoch lediglich zugesichert, die Behörden wollten diesen Wunsch "prüfen", sagte ein Sprecher Michels am Donnerstag in Brüssel.

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