Schwere Vorwürfe: Polizisten sollen die Besetzer verprügelt haben.
Die Besetzung des Casino-Gebäudes der Goethe-Universität in Frankfurt am Main ist beendet. Die Polizei räumte am Mittwochabend das Gebäude. Gegen 19 Uhr betrat der Präsident der Universität, Prof. Werner Müller-Esterl, das Haus. Er kündigte die Räumung und, bei Widerstand, die Strafverfolgung an. Er verließ den Festsaal des Casinos ohne weitere Worte.
Sexuelle Übergriffe
Daraufhin stürmte die Polizei das
Gebäude. Im Festsaal wurde zu diesem Zeitpunkt ein Seminar abgehalten. Wie
die Homepage der Studentenbesetzer berichtet, wurden zunächst die
Pressevertreter unter Anwendung von Gewalt aus dem Saal entfernt. Schwere
Vorwürfe vonseiten der Studenten: Die Besetzer sollen mit Tritten und
Schlägen noch während des Seminars zum Verlassen aufgefordert worden sein.
Bei der Räumung soll es auch zu sexuellen Übergriffen gekommen sein.
Polizisten hätten getreten und auch mit Schlagstöcken geschlagen, sagte die Vorsitzende des Frankfurter Studentenausschusses AStA, Nadin Sergan, im Hessischen Rundfunk. Es habe Verletzte gegeben. Von einem friedlichen Vorgehen könne nicht die Rede sein. Sergan forderte zudem den Rücktritt von Müller-Esterl. Es sei nach dem "Prinzip Nulltoleranz" vorgegangen worden.
Sachbeschädigungen
Auch außerhalb des Uni-Geländes sollen
sich brutale Szenen abgespielt haben. Augenzeugen berichteten von einem
Ausnahmezustand. Laut den Besetzern sollen Studenten sogar mit Streifenwagen
angefahren worden sein.
Der Polizei seien außer einer jungen Frau, die umgeknickt sei, keine Verletzten bekannt, sagte ein Polizeisprecher. Er räumte ein, dass es an einer Absperrung einen kurzzeitigen Schlagstock-Einsatz gegeben habe, als Besetzer die Sperre hätten durchbrechen wollen. Die Polizei holte nach eigenen Angaben 176 Menschen aus dem Casino, die dieses nach mehrfachen Aufforderungen nicht freiwillig verlassen hatten. Zum Teil mussten sie herausgetragen werden. Die Polizei nahm ihre Personalien auf. Die Räumung sei "weitgehend friedlich" verlaufen, sagte der Sprecher. Ursprünglich hatten etwa 300 Menschen das Casino besetzt.
Universitätspräsident Müller-Esterl bezeichnete das Verhalten der Polizei als "fair und professionell". Die Räumung sei weitgehend reibungsfrei sowie ohne weitere Eskalationen verlaufen. Er lehnte zudem einen Rücktritt ab und verteidigte das Vorgehen. Das Verhalten der Besetzer habe "nur als gezielte Provokation" verstanden werden können, erklärte der Universitätspräsident. Die Besetzer hatten laut Hochschule unter anderem eine Cafeteria, Toilettenanlagen sowie historische Parkettböden und Vertäfelungen beschädigt. Der Sachschaden beläuft sich demnach auf einen sechsstelligen Betrag. Die Universität hatte bereits am Dienstag Anzeige wegen Sachbeschädigung und Diebstahl erstattet.
Dialog gefordert
Die Universitätsleitung betonte, sie unterstütze
Forderungen der Studenten nach besseren Studienbedingungen. Eine Diskussion
über Inhalte und Perspektiven der Bildung in Deutschland sei dringender denn
je geboten, "bei einem friedlichen Verhalten der Streikenden hätten wir hier
auch jetzt keinen Grund gesehen, einzuschreiten", betonte Müller-Esterl.
Die Vorsitzende der Hochschulrektorenkonferenz (HRK), Margret Wintermantel, forderte im ZDF-Morgenmagazin den Dialog mit den Studenten und machte sich für "gemeinsame Anstrengungen" stark. Benötigt werde mehr Personal. Die Studienbedingungen müssten verändert werden, aber dazu benötige man auch die Unterstützung der Politik, sagte Wintermantel, die bis zu ihrer Ernennung zur HRK-Vorsitzenden 2006 Präsidentin der Universität des Saarlandes war.