Ermittlungen

CIA-Gefängnisse in Deutschland?

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Eine britische Rechtshilfe-Organisation hat im Zusammenhang mit geheimen US-Gefängnissen für Terror-Verdächtige neue Vorwürfe gegen Deutschland erhoben. Demnach könnte der US-Geheimdienst CIA Militärstützpunkte dazu genutzt haben, Al-Kaida-Häftlinge festzuhalten.

Die deutsche Regierung wies die Darstellung am Freitag zurück. "An diesen Vorwürfen ist nichts dran", sagte Regierungssprecher Thomas Steg in Berlin. Solche Einrichtungen gebe es nicht in Deutschland und habe es auch nicht gegeben. Der Online-Dienst des Magazins "Stern" berichtete hingegen, die deutsche Bundesanwaltschaft ermittle wegen des Vorwurfs, die US-Armee habe in einem Militärgefängnis in Mannheim Terrorverdächtige illegal festgehalten und möglicherweise misshandelt. Die Bundesanwaltschaft war am Abend für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.

Mitarbeit mehrerer Staaten
US-Präsident George W. Bush hat erst vor wenigen Wochen eingeräumt, dass die CIA heimliche Gefängnisse für Terror-Verdächtige unterhalten hat. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel und Innenminister Wolfgang Schäuble haben ihn dafür kritisiert und das Vorgehen als falsch verurteilt. Deutschland steht allerdings wie mehrere andere europäische Staaten im Verdacht, zumindest beim Transport der Gefangenen mit den USA zusammengearbeitet zu haben. Mit einem Teil der Vorwürfe befasst sich ein Bundestags-Untersuchungsausschuss, der die Zusammenarbeit Deutschlands im US-Kampf gegen den Terrorismus überprüft.

Ruf nach unabhängiger Untersuchung
Die britische Organisation Reprieve ("Gnadenfrist") forderte Ermittlungen zu den Vorwürfen. "Wir rufen die deutsche Regierung auf, eine unabhängige Untersuchung anzuordnen", hieß es in einer Erklärung des Direktors der Organisation, Clive Stafford Smith. Reprieve informierte vor zwei Tagen in London Mitglieder des Europäischen Parlaments über die Hinweise. Das Parlament hat seinerseits einen Untersuchungsausschuss zu den geheimen Gefängnissen und Transporten eingesetzt.

In Verhören erwähnt
Die Rechtshilfeorganisation stützte ihre Vorwürfe auf Aussagen von Häftlingen aus dem US-Gefängnis in Guantanamo, die von ihren Anwälten betreut werden. Demnach berichtete ein britischer Häftling, während eines Verhörs in Marokko sei ihm gesagt worden, einer der Drahtzieher der September-Anschläge werde in einem US-Gefängnis auf einer Luftwaffenbasis in Deutschland festgehalten. Das Verhör soll demnach 2003 oder Anfang 2004 stattgefunden haben. Bei dem in Deutschland festgehaltenen Verdächtigen handelte es sich den Angaben zufolge um den Pakistaner Khalid Scheich Mohammed, den die USA kürzlich aus einem Geheimgefängnis nach Guantanamo verlegt haben.

Auch während eines Verhörs eines anderen Terror-Verdächtigen in Jordanien soll ein US-Stützpunkt in Deutschland zur Sprache gekommen sein. Die Ermittler hätten ihm gesagt, sein Bruder Walid Tawfik bin Attasch werde dort festgehalten, sagte der Guantanamo-Häftling Hassan bin Attasch den Reprieve-Anwälten. Als dritten Fall nannte die Organisation den Häftling Schaker Aamer, der eigenen Angaben zufolge 2002 auf dem Weg von Afghanistan nach Guantanamo auf einem Stützpunkt in Deutschland umsteigen musste.

"Stern.de" berichtete, der Verdacht, auf Grund dessen die Bundesanwaltschaft Ermittlungen eingeleitet habe, beruhe auf Aussagen eines " Hörensagen-Zeugen". Danach seien von April bis Anfang September drei arabisch-sprechende Männer in dem Mannheimer US-Militärgefängnis festgehalten und angeblich auch misshandelt worden. Die US-Armee habe die Vorwürfe dementiert.

Nur ein Fall bisher bekannt
Der Sonderermittler des Europarats zu den geheimen CIA-Gefängnissen, Dick Marty, hatte im Juni den US-Stützpunkt Ramstein in Rheinland-Pfalz als ein Drehkreuz für die heimlichen Transporte bezeichnet. Als bekannt gilt bislang nur ein konkreter Fall. Deutsche und italienische Ermittler gehen davon aus, dass der ägyptische Geistliche Abu Omar 2003 über Ramstein transportiert wurde, nachdem er in Mailand von einem CIA-Team entführt worden war. Die italienische Polizei hat in diesem Zusammenhang Haftbefehle gegen 26 US-Bürger ausgestellt. Marty kritisierte das Vorgehen der USA in seinem Bericht als "systematisch unrechtmäßig" und nannte Deutschland als einen von sieben Staaten, die für die Verletzung der Rechte der Häftlinge verantwortlich gemacht werden könne. Die Bundesregierung erklärte damals, sie wolle den Bericht zunächst prüfen.

Drehscheibe wie Deutschland waren demnach die Türkei, Spanien, Zypern und Aserbaidschan. In Irland, Großbritannien, Portugal, Griechenland und Italien seien die CIA-Flugzeuge zwischengelandet. Am schwersten belastete Marty indes Polen und Rumänien. Dort sollen die USA geheime Gefängnisse unterhalten haben.

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