Klimagipfel

Demonstranten werfen mit Brandsätzen

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Unter den Festgenommenen sollen drei Österreicher sein. Tokio erhöhte derweil sein Angebot an die Entwicklungsländer.

Am Rande des UNO-Klimagipfels ist es am späten Montagabend in Kopenhagen zu Ausschreitungen gekommen. Die dänische Polizei setzte Tränengas und Wasserwerfer ein. Beamte nahmen auf dem Gelände des sogenannten "Freistaates Christiania" knapp 200 Menschen fest. Darunter sollen drei Österreicher sein. Es seien Aktivisten von Attac gewesen, sagte Franziskus Forster vom globalisierungskritischen Netzwerk Attac Österreich.

Unschuldig in Haft
"Sie sind ohne irgendetwas getan zu haben, festgenommen worden", kritisierte Forster. Laut Außenministerium wurden am Dienstag keine heimischen Landsleute in Kopenhagen festgehalten. Das Trio hatte in einem Partyzelt vor dem Lokal "Woodstock" die Vorgangsweise für den morgigen "Reclaim Power"-Aktionstag besprochen und sei dann gemeinsam mit anderen Aktivisten ins Lokal auf ein Bier gegangen, berichtete der Attac-Sprecher.

Hier seien die Drei dann grundlos festgenommen worden und hätten vor ihrem Abtransport durch die Exekutive noch rund eineinhalb Stunden in der Kälte auf den Boden sitzen müssen. Zumindest von einem Aktivisten wusste Forster, dass dieser Dienstag früh wieder freigelassen worden sei.

Kritik an Polizei
Das Außenministerium konnte zwar keine Auskunft über eine vorübergehende Festnahme von Österreichern Montagabend geben - Dienstagmittag jedenfalls sollen laut dem Ministerium keine Landsleute festgehalten worden sein. Demnach dürften auch die beiden anderen Aktivisten mittlerweile wieder frei sein.

Attac wies das Vorgehen der Polizei in Kopenhagen zurück: Die Beamten hätten "von Anfang an ohne Grund" angemeldete Demonstrationen gespalten und aufgelöst, kritisierte Forster. Friedlich demonstrierende Menschen würden "ständig kriminalisiert". Am "Reclaim Power"-Aktionstag am Mittwoch soll es wieder einen Demonstrationszug zum und eine Aktion vor dem " Bella Center" geben. Mehrere Gruppen hatten am Montag Barrikaden errichtet, Feuer entzündet und Brandsätze gegen die Polizei geworfen. Christiania ist ein seit den 1970er Jahren besetzt gehaltenes Kasernengelände in unmittelbarer Nähe des Kopenhagener Stadtzentrums.

1.500 Demonstranten verhaftet
Am Mittwoch steht den wegen ihres harten Einsatzes vielfach kritisierten dänischen Sicherheitskräften eine neue Kraftprobe bevor: Militante Gruppen haben angekündigt, entgegen aller Verbote den Tagungsort des Gipfels stürmen zu wollen. Bis Montagabend war es nicht zu Krawallen im Umfeld des Gipfels gekommen. Dennoch hatte die Polizei seit Samstag bei mehreren Demonstrationen fast 1.500 Menschen festgenommen.

Der Klimagipfel wird am Dienstag mit neuen Verhandlungen zwischen Vertretern der Entwicklungsländer und der Industrienationen fortgesetzt. Die Umweltminister aus 192 Staaten beraten seit Wochenbeginn über ein globales Klimaschutzabkommen gegen den Temperaturanstieg durch Treibhausgase.

Brown warnt vor Spaltung
Unterdessen läuft den Gipfelteilnehmern die Zeit davon. "Zeit ist jetzt unser schlimmster Feind", hieß es am Montagabend aus Kreisen der Gipfelorganisatoren. Der britische Premierminister Gordon Brown, der am Dienstag in Kopenhagen erwartet wird, warnte angesichts des Konflikts vor einer Spaltung der Staatengemeinschaft. "Die Uhr tickt, wir haben nicht viel Zeit", sagte auch US-Delegationsleiter Todd Stern.

Stern erwartete, dass die ab Mitte der Woche erwartete Ankunft von über 100 Staats- und Regierungschefs in Kopenhagen einen positiven Druck auf die Umweltminister und Delegationen ausüben werde. So kündigten am Montag die linksgerichteten Präsidenten Venezuelas und Boliviens, Hugo Chavez und Evo Morales, ihre Teilnahme am Klimagipfel an.

Japan erhöht auf 10 Mrd.
Die Entwicklungsländer blockierten am Montag zeitweise die Verhandlungen, um die Industriestaaten zu ehrgeizigeren Zielen zu drängen. Nach einer mehrstündigen Unterbrechung kehrten die afrikanischen Delegationen erst am Nachmittag an den Verhandlungstisch zurück. Sie wollten durchsetzen, dass das Kyoto-Protokoll mit verbindlichen Klimazielen nur für die Industrieländer auch für die Zeit nach 2012 fortgeschrieben wird. Die Industriestaaten wollen dagegen ein umfassendes Abkommen, das auch die Schwellen- und Entwicklungsländer miteinbezieht. Schließlich ist China mittlerweile der größte Treibhausgas-Produzent der Welt.

Ein weiterer Streitpunkt sind die Ausgleichszahlungen der Industriestaaten für die Entwicklungsländer, damit diese die Folgen des Klimawandels bewältigen können. Die Entwicklungsstaaten kritisieren, dass ihnen bisher erst "Brotkrumen" angeboten worden seien. Zumindest bei Japan zeigte diese Kritik Wirkung. Tokio werde sein Angebot von 9,2 auf 10 Milliarden Dollar (von 6,28 auf 6,83 Mrd. Euro) aufstocken, berichtete die Tageszeitung "Shimbun" am Dienstag. Das Geld solle zwischen 2010 und 2012 ausgezahlt werden. Die EU offeriert bisher 3,5 Milliarden Dollar pro Jahr, während die USA noch überhaupt keine Summe genannt haben.

Oper von Sydney bestiegen
Um gegen den schleppenden Fortgang der Kopenhagener Gespräche zu protestieren, erklommen fünf Greenpeace-Aktivisten am Dienstag die berühmte Oper von Sydney. Sie entrollten dort ein Spruchband, auf dem "Stop the Politics, Climate Treaty now" ("Schluss mit der Politik, Klimaabkommen jetzt") zu lesen war. Westlich von Australien sandte der vorige Woche gesichtete gigantische Eisberg ebenfalls ein unmissverständliches Signal nach Kopenhagen: Vor einigen Tagen noch 140 Quadratkilometer groß, zerbrach der Eisberg "B17B" nach Angaben des Glaziologen Neal Young in hunderte Teile, die nun die Schifffahrt auf einer Länge von 1000 Kilometern gefährden.

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