Der Entwurf für den EU-Reformvertrag ist fertig. Das hat die portugiesische Ratspräsidentschaft am Dienstagnachmittag mitgeteilt.
Die Staats- und Regierungschefs sollen bei ihrem Treffen am 18. und 19. Oktober in Lissabon das Vertragswerk, das die gescheiterte EU-Verfassung ersetzen soll, annehmen. Die Rechtsexperten der 27 EU-Länder haben ihre Beratungen am Dienstag abgeschlossen.
Österreichische Wünsche offen
Noch unklar ist, ob
Österreich mit seinem Wunsch durchkommt, die Quoten für den Uni-Zugang im
Reformvertrag zu verankern. Diese Frage muss nun bei den politischen
Beratungen der EU-Außenminister bzw. der Staats- und Regierungschefs im
Oktober geklärt werden, heißt es in Diplomatenkreisen. Der Plan: Die
Universitäten sollen ähnlich wie wirtchaftliche öffentliche Dienstleistungen
(z.B. sozialer Wohnbau) von den EU-Grundfreiheiten ausgenommen werden. Damit
könnten weiterhin Obergrenzen für Studierende aus anderen EU-Ländern
festgelegt werden, obwohl das Gemeinschaftsrecht derartige Diskriminierungen
normalerweise verbietet.
Auch Veto im Vertragstext unklar
Ebenfalls auf politischer Ebene
geklärt werden muss die Frage, ob das aufschiebende Veto einzelner
Mitgliedsländer gegen Mehrheitsbeschlüsse ("Ioannina-Klausel") wie von Polen
verlangt direkt im Vertragstext oder im Protokoll verankert wird. Die
anfangs erhobene polnische Forderung, die aufschiebende Wirkung von drei
Monaten auf zwei Jahre zu verlängern, wurde offenbar fallen gelassen und bei
den Expertenverhandlungen nicht mehr angesprochen.
Noch offen ist ein Detail bezüglich der britischen Mitwirkung bei einzelnen Schengen-Initiativen, obwohl Großbritannien dem Schengenraum nicht angehört. Diese Frage soll bei einem weiteren Treffen der Rechtsexperten am Mittwoch geklärt werden. Bis Ende der Woche will die portugiesische Ratspräsidentschaft den Vertragsenturf dann offiziell vorlegen.
Politische Handlungsfähigkeit sicherstellen
Der
EU-Reformvertrag soll die politische Handlungsfähigkeit der auf 27
Mitglieder erweiterten Union sicher stellen. Vom Projekt der EU-Verfassung,
die den symbolischen Gehalt der politischen Union stärker herausgestrichen
hätte, ist die EU nach dem Nein der Franzosen und der Niederländer wieder
abgegangen. Frankreich und die Niederlande wollen nun auf weitere
Volksabstimmungen verzichten, obwohl der nun fixierte Entwurf für den
"Reformvertrag" nach Angaben aus Diplomatenreisen die Inhalte der Verfassung
weitgehend erhält.
Ein Beispiel: Der geplante "EU-Außenminister" wird laut Angaben aus Diplomatenkreisen wie in der Verfassung vorgesehen eingeführt. Einziger Unterschied zur Verfassung: Er wird nicht "Außenminister" heißen, sondern weiterhin "Hoher Vertreter".
Vetomöglichkeiten zurückgedrängt
Kernpunkt des
neuen EU-Vertragswerkes: Die Vetomöglichkeiten der einzelnen
Mitgliedsstaaten werden zurückgedrängt, für Abstimmungen im Ministerrat gilt
eine neue Stimmgewichtung, die die Einwohnerzahl der einzelnen EU-Mitglieder
automatisch berücksichtigt. Außerdem wird eine europäische Grundrechtscharta
geschaffen, die jedoch für Großbritannien und Polen nicht gilt. Irland hat
auf ein Opting-Out verzichtet.