Bei der slowenischen Präsidentenwahl wird ein Sieg des Linkskandidaten Danilo Türk erwartet. Die Konservativen versuchen mit Attacken aufzuholen.
Der frühere UNO-Spitzendiplomat Danilo Türk (52) steht vor einem Erdrutschsieg bei der slowenischen Präsidentenwahl am kommenden Sonntag. Umfragen sagen dem Linkskandidaten bis zu 70 Prozent der Stimmen voraus, während der von der Mitte-Rechts-Regierung unterstützte konservative Ex-Premier Lojze Peterle (59) nur mit gut 30 Prozent rechnen kann. Peterle hatte bis zu seinem enttäuschenden Abschneiden in der ersten Wahlrunde am 21. Oktober, als er Türk und den zweiten Linkskandidaten Mitja Gaspari nur knapp auf die Plätze verwies, als haushoher Favorit gegolten.
Sieg von Wahlforschern prophezeit
Kaum jemand zweifelt am Sieg
Türks, doch weisen Politikexperten darauf hin, dass die Meinungsforscher vor
dem ersten Wahlgang deutlich daneben gelegen waren. Aus den prophezeiten 40
Prozent für Peterle wurden nur 28,7 Prozent, weil viele Anhänger des
favorisierten Europaabgeordneten daheimgeblieben waren. Türk kam auf 24,5
Prozent und setzte sich im Rennen der Linkskandidaten nur mit wenigen
hundert Stimmen gegen den Ex-Notenbankgouverneur Gaspari durch. Dessen
Wähler und auch jene des Nationalistenführers Zmago Jelincic, der knapp 20
Prozent erzielte, dürften nun für Türk stimmen.
Kein Erdrutsch erwartet
"Es wird ein bequemer Sieg für Türk
werden, aber kein Erdrutsch", sagte Marko Crnkovic von der linksgerichteten
Tageszeitung "Dnevnik" am Montagabend in einer TV-Expertendebatte. Dagegen
meinte der rechtsgerichtete Politologe Milan Balazic, dass sich in der
letzten Woche vor der Wahl noch viel ändern könne. Wie Peterle im ersten
Wahlgang könnte nun auch Türk seine Favoritenrolle zum Verhängnis werden,
sollten viele seiner Anhänger daheimbleiben.
Politisches Leichtgewicht
Der klare Vorsprung Türks ist für viele
Beobachter eine Überraschung, gilt der Völkerrechtsprofessor doch als
politisches Leichtgewicht. Er war bisher nur in Wissenschaft und Diplomatie
tätig und verbrachte 13 Jahre in New York, zunächst als Sloweniens
UNO-Botschafter (1992-2000) und dann als stellvertretender
UNO-Generalsekretär (2000-2005). Peterle ist dagegen seit dem Ende des
Kommunismus eine Konstante der slowenischen Politik, als Premier (1990-92),
zweimaliger Außenminister (1992-94 und 2000), langjähriger Chef der
slowenischen Christdemokraten (1989-2000) und Europaabgeordneter seit 2004.
Keine großen politischen Differenzen
Außenpolitisch trennen
die beiden Nachfolgekandidaten für den scheidenden Präsidenten Janez
Drnovsek, der auf eine zweite Amtszeit verzichtet hat, keine Welten. So
wollen beide ihre erste Auslandsreise nach Brüssel absolvieren und wünschen
einen Abzug der beiden slowenischen Soldaten aus dem Irak. Im Hinblick auf
die Kärntner Minderheitenfrage versprachen in der TV-Konfrontation am
Montagabend beide, "lauter" gegenüber Österreich auftreten zu wollen. Kritik
an der slowenischen Regierung wollte diesbezüglich jedoch nur Türk üben.
"Die slowenische Regierung war sehr freundlich gegenüber Österreich und hat
sich positiv zu Schritten geäußert, noch bevor diese gesetzt wurden",
kritisierte er den Stillstand im Ortstafel-Konflikt.
Wahlkampf gewinnt an Schärfe
Die zuvor langweilige
Wahlkampagne gewann jüngst deutlich an Schärfe. Nach Kritik an seinem "zu
weichen" Auftreten aus dem eigenen Lager entschloss sich Peterle zu
schärferen Attacken gegen seinen Kontrahenten, dem er vorwirft, die
Loslösung Sloweniens von Jugoslawien Anfang der 1990er Jahre hintertrieben
zu haben. So habe Türk noch kurz vor dem Unabhängigkeitsreferendum
Sloweniens "theoretische Überlegungen" über die Umbildung Jugoslawiens in
eine Konföderation angestellt, kritisierte Peterle. Nach dem Referendum habe
er im Namen Jugoslawiens an einer UNO-Sitzung in Genf teilgenommen.
Türk wies diese Anschuldigungen in einer TV-Debatte mit Peterle am Montagabend zurück. Er sei damals nicht Politiker, sondern Wissenschaftler gewesen und habe im Rahmen seiner Möglichkeiten einen Beitrag zur Unabhängigkeit Sloweniens geleistet. "Auf diesen Beitrag bin ich stolz", richtete Türk dem Unabhängigkeitspremier aus. Experten bezeichneten die Attacken Peterles auf Türk als "Fehltritt", da die damaligen Ereignisse heute nur noch für wenige Slowenen interessant sind.
Eigenes Lager läßt Türk im Stich
Politikexperten
sehen Peterle zudem vom eigenen Lager im Stich gelassen. Premier Janez Jansa
hält sich in Bezug auf ihn betont zurück. "Vielleicht ist er zur Erkenntnis
gelangt, dass es sich nicht lohnt, auf dieses Pferd zu setzen", sagte
Balazic. Ähnlich äußerte sich der rechtsgerichtete Publizist Danilo Slivnik.
"Peterle hat in der ersten Runde versucht, sich von der Regierungskoalition
zu distanzieren. Warum sollten sie sich ihm nun bei der Niederlage
anschließen wollen?"