Italien

"Habe Sterbehilfe geleistet"

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Ein Italiener, der bis zuletzt erfolglos für sein Recht auf Sterbehilfe kämpfte, ist tot - ein Arzt hat das Beatmungsgerät abgeschaltet.

Der unheilbar kranke Italiener Piergiorgio Welby, der in den vergangenen Monaten einen Kampf für das Recht auf Sterbehilfe geführt hatte, ist in der Nacht auf Donnerstag gestorben. Der 60-jährige Römer schottischer Abstammung litt seit 27 Jahren an der fortschreitenden Muskelschwäche. Er wurde seit 1997 mit Hilfe künstlicher Beatmung am Leben gehalten; zuletzt konnte er nur noch seine Augen bewegen, um sich mit seiner Umwelt zu verständigen.

Ein italienischer Arzt, Mario Riccio, behauptet, Welby "Sterbehilfe geleistet" zu haben. Er habe Welby das Beatmungsgerät abgeschaltet, das den 60-jährigen Patienten am Leben hielt, sagte der Arzt bei einer Pressekonferenz in der römischen Abgeordnetenkammer in Rom. "Ich habe Welbys Willen erfüllt zu sterben", sagte der Arzt. Riccio, ein angesehener Anästhesie-Arzt im Krankenhaus der norditalienischen Stadt Verona, betonte, er habe das Beatmungsgerät abgestellt und Welby notwendige Medikamente für einen schmerzlosen Tod gegeben. "Er ist innerhalb einer halben Stunde, kurz vor Mitternacht gestorben", berichtete der Arzt. Welby starb in der römischen Wohnung, in der ihn seine Frau Mina und andere Angehörige betreuten.

15 Jahre Haft drohen
Ärzten drohen in solchen Fällen bis zu 15 Jahre Haft wegen Totschlag bzw. Mord, da in Italien sowohl aktive als auch passive Sterbehilfe verboten sind. Nur bei gehirntoten Patienten ist die passive Euthanasie erlaubt.

Heftige politische Debatte
Nach Welbys Tod tobt nun in Italien eine heftige politische Debatte. Die konservativen Oppositionsparteien forderten die Verhaftung des Arztes Riccio. "Wir stehen vor einem Mord, der nicht unbestraft bleiben darf, nur weil der Mandant die Radikale Partei ist", kommentierte ein Spitzenpolitiker der christdemokratischen UDC, Luca Volonte'. Parlamentarier der Forza Italia um Oppositionschef Silvio Berlusconi sprachen gar von einer "barbarischen Instrumentalisierung" von Welbys Leid zu politischen Zwecken.

Welby hatte im vergangenen September eine heftige Debatte ausgelöst, als er in einem Brief den italienischen Staatspräsidenten Giorgio Napolitano um die "Gnade der Sterbehilfe" bat. "Ich bin ein Gefangener meines eigenen Körpers", hatte er betont. Zur Unterstützung für Welbys Forderung hatte die Radikale Partei am vergangenen Samstag zu Mahnwachen für den Kranken in 50 verschiedenen Städten aufgerufen. Mehrere hundert Menschen nahmen an den Solidaritätskundgebungen teil. Europaministerin Emma Bonino war bereits Anfang Dezember in einen zweitägigen Hungerstreik getreten, um Welby in seinem Kampf zu helfen.

Gesetzesentwurf eingereicht
Wegen der Causa Welby will sich nun auch das Parlament um das Thema Sterbehilfe kümmern. Die Gesundheitskommission des Senats konzentriert sich auf einen Gesetzesentwurf der Parteien der Mitte-Links-Regierungskoalition, der zufolge die Italiener das Recht haben sollen, mit einer Patientenverfügung bekannt zu geben, ob sie im Fall einer Krankheit im Endstadium eine Zwangsbehandlung ablehnen oder nicht. In der Verfügung können nur gewisse medizinische Maßnahmen abgelehnt werden. Mit dem Gesetzesentwurf sollen auch die Strafen für Angehörige abgeschafft werden, wenn sie aktive Sterbehilfe leisten. "Bald wird der Entwurf vom Senat überprüft", sagte der Präsident der Gesundheitskommission des Senats, Ignazio Marino.

Im katholischen Italien istsowohl aktive als auch passive Sterbehilfe verboten, nur bei gehirntoten Patienten ist die passive Euthanasie erlaubt. Ärzten drohen bei Zuwiderhandlung bis zu 15 Jahre Haft wegen Totschlag bzw. Mord.

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