Eine Bürgerinitiative hat 180.000 Unterschriften gesammelt.
Dem Stierkampf droht in Katalonien der Todesstoß. Das Parlament in Barcelona entscheidet darüber, ob die "Fiesta" in der Region im Nordosten Spaniens verboten wird. Die Abgeordneten befassen sich allerdings nicht ganz freiwillig mit dem - in Spanien als heikel geltenden - Thema. Eine Bürgerinitiative hatte 180.000 Unterschriften gesammelt und damit das Stierkampf-Verbot durch ein Volksbegehren auf die Tagesordnung gebracht.
Stierkampf-Lobby macht mobil
Die für diesen Freitag (18.
Dezember) geplante Abstimmung im Regionalparlament weckt in Spanien heftige
Emotionen. Die Bürgerinitiative Prou! (Es reicht!) betrachtet - ebenso wie
Tierschützer in aller Welt - den Stierkampf als Tierquälerei und als ein
blutiges und grausames Spektakel, das nicht in die heutige Zeit passt. Bei
den Katalanen stieß sie damit auf gewisse Sympathien, denn viele Bewohner
der Region sehen in den Kampfstieren ein Symbol des "spanischen
Imperialismus".
Auf der Gegenseite macht die Lobby der Stierkampfbranche mobil, um die Parlamentarier zu einer Ablehnung der Gesetzesinitiative zu bewegen. "Wir leben anscheinend in einem Spanien der Verbote", beklagte der Ex-Stierkämpfer Joaquin Bernado. Manche Stierkampf-Fans meinten gar, es drohten Verhältnisse wie in der Zeit der Franco-Diktatur (1939-1975). Damals hatten die Katalanen über die Grenze nach Frankreich fahren müssen, um dort Kinofilme zu sehen, die in Spanien der Zensur zum Opfer gefallen waren.
Alter Brauch
Die Anhänger der "Fiesta" erhielten Unterstützung
von 133 Bürgermeistern und Parlamentariern aus Südfrankreich, wo der
Stierkampf eine alte Tradition darstellt. "Der Staat darf den Bürgern weder
Bräuche aufzwingen noch verbieten", betonten die Franzosen in einem
Schreiben an die katalanischen Abgeordneten. "Wenn der Stierkampf den Leuten
nicht mehr gefällt, wird man von allein aufhören, Kämpfe zu organisieren."
In Katalonien, der mit 7,4 Millionen Einwohnern wirtschaftsstärksten Region in Spanien, hat der Stierkampf in den vergangenen Jahrzehnten stark an Bedeutung verloren. Mehr als 80 Gemeinden erklärten sich symbolisch zu "Anti-Stierkampf-Städten". Die Landeshauptstadt Barcelona hatte einst über drei Arenen verfügt. Davon blieb nur "La Monumental" übrig. Eine andere Stierkampfarena war schon vor Jahren abgerissen worden, die dritte wird zu einem Einkaufszentrum umgebaut.
Verbot würde dauern
Der Ausgang der Abstimmung im Parlament
gilt als offen. Die beiden großen Parteien der Nationalisten (CiU) und der
Sozialisten (PSC) stellten ihren Abgeordneten die Wahl frei. Die
Konservativen (PP) wollen gegen ein Verbot stimmen, die Öko-Sozialisten
(ICV) und die Linksrepublikaner (ERC) dafür. Sollte die Initiative der
Tierschützer die Mehrheit bekommen, wird der Stierkampf in Katalonien nicht
auf heute von morgen für illegal erklärt. Dann müsste das Gesuch in den
Ausschüssen in einen Gesetzestext umformuliert und dem Parlament später
erneut zur Abstimmung vorgelegt werden. Die umstrittene Tradition der
"correbous" soll in jedem Fall erlaubt bleiben. Dabei handelt es sich um
Stiertreiben, die auf Volksfesten in bestimmten katalanischen Gemeinden
stattfinden und bei denen Stiere auf verschiedene Weise sekkiert werden.
Katalonien wäre bei einer Verabschiedung des Verbots nicht die erste Region in Spanien, die den Stierkampf für illegal erklärte. Die Kanarischen Insel hatten dies bereits im Jahr 1991 getan. Damals hatte sich niemand darüber aufgeregt, weil auf dem Archipel seit fast einem Jahrzehnt ohnehin keine Stierkämpfe mehr stattgefunden hatten. Zudem war es den Initiatoren in erster Linie darum gegangen, die auf den Kanaren populären Hahnenkämpfe einzudämmen. Der Stierkampf wurde dann - quasi der Vollständigkeit halber - gleich mit verboten.