Israels Parlament hat eine dreimonatige Amtsniederlegung des Präsidenten akzeptiert. Katzav wird u.a Vergewaltigung vorgeworfen.
Der in eine Affäre um mutmaßliche Vergewaltigung und sexuellen Missbrauch verstrickte israelische Präsident Moshe Katzav darf sein Amt vorerst ruhen lassen. Ein israelischer Parlamentsausschuss habe am Donnerstag einer dreimonatigen Amtsniederlegung des Staatsoberhauptes zugestimmt, teilte die Ausschussvorsitzende Ruhama Avraham mit. 13 Abgeordnete hätten für den Antrag gestimmt, elf dagegen. Ein Ausschussmitglied sei bei der Abstimmung nicht anwesend gewesen. In der Bevölkerung und bei Politikern mehrten sich unterdessen die Stimmen für einen sofortigen Rücktritt des Staatschefs.
Rücktritt gefordert
Die juristische Beraterin des
Parlaments, Nurit Elstein, bekräftigte zur Eröffnung der Ausschusssitzung,
dass Katzav eigentlich zurücktreten müsse. Mehrere Abgeordnete unterstützten
in der mehrstündigen Debatte diese Forderung, die am Vortag auch
Ministerpräsident Ehud Olmert erhoben hatte. 30 Abgeordnete der Knesset
brachten zudem ein Amtsenthebungsverfahren ein. Dieses hat nach der
Einschätzung israelischer Medien aber kaum eine Chance: 90 von 120
Abgeordneten müssten einer Absetzung des Staatsoberhaupts zustimmen.
Die nur vorübergehende Amtsniederlegung bringt Katzav einen klaren Vorteil: Er behält seine Immunität - und kann strafrechtlich nicht verfolgt werden, bis seine Amtszeit im Juli ausläuft oder er doch zurücktritt. Während der vorübergehenden Amtsniederlegung übernimmt nun Parlamentspräsidentin Dalia Itzik die Aufgaben Katzavs. Sie steht damit als erste Frau an der Spitze des israelischen Staates. Die Aufgaben des Staatsoberhaupts sind weitgehend protokollarisch.
Nachfolger Peres?
Eine große Mehrheit der Israelis befürwortet
unterdessen einen Rücktritt ihres Präsidenten. In einer von der Tageszeitung
"Yedioth Ahronoth" veröffentlichten Umfrage sprachen sich 71 Prozent für
einen solchen Schritt aus, in einer vom Konkurrenzblatt "Maariv"
veröffentlichten Befragung waren es 66,7 Prozent. Unter den möglichen
Nachfolgekandidaten schnitt das politische Urgestein Shimon Peres am besten
ab. Für den aktuellen Vize-Regierungschef als Staatschef sprachen sich in
den zwei Umfragen 45 Prozent beziehungsweise 40,4 Prozent der Befragten aus.
Auf dem zweiten Platz landete der ehemalige Großrabbiner Israels, Israel
Meir, mit 22 bis 25,1 Prozent.
Die israelische Generalstaatsanwaltschaft hatte eine Anklage gegen Katzav wegen Vergewaltigung und sexueller Belästigung von früheren Mitarbeiterinnen angekündigt. Katzav weigerte sich am Mittwoch zurückzutreten und bot lediglich an, sein Amt ruhen zu lassen. Er sprach von einer "Hexenjagd" und warf der Presse "mediale Lynchjustiz" vor. Die Zeitungen wehrten sich am Donnerstag gegen diese Anschuldigungen und nannten die Rede Katzavs "geisteskrank" und "übertrieben". Es handle sich nicht mehr um eine "Justizangelegenheit, sondern um einen klinischen Fall", schrieb "Yedioth Ahronoth". Die Zeitung "Haaretz" urteilte, selbst wenn die Vorwürfe gegen Katzav nicht stimmten, sei es nach dessen Rede vom Mittwoch nun Zeit für einen Rücktritt.