Nach dem Sieg der Christdemokraten von Ministerpräsident Jan Peter Balkenende stehen schwierige Koalitionsverhandlungen bevor.
Fünf Tage nach der Parlamentswahl in den Niederlanden beginnen an diesem Montag die Gespräche über die Bildung der neuen Regierung. Königin Beatrix beauftragte am Samstagabend den angesehenen christdemokratischen Politiker Jan Hoekstra, als so genannter Informateur herauszufinden, welche Parteien angesichts der komplizierten Mehrheitsverhältnisse miteinander eine Koalition bilden könnten und wollen.
Zuerst sondieren, dann verhandeln
Die sondierende Arbeit eines
"Informateurs" geht in Den Haag stets den eigentlichen
Koalitionsverhandlungen voraus. Erst wenn Hoekstra für ein bestimmtes
Parteienbündnis eine Mehrheitschance sieht, ernennt die Königin einen
"Formateur", der den Koalitionsvertrag mit den künftigen Partnern
aushandelt. In der Regel ist dies auch der künftige Regierungschef.
Christdemokraten an der Spitze
Bei der Wahl am Mittwoch waren die
Christdemokraten des amtierenden Ministerpräsidenten Jan Peter Balkenende
trotz Verlusten stärkste Partei geblieben. Wegen der Zersplitterung im neuen
Parlament benötigen sie aber mindestens zwei Koalitionspartner. Obwohl mit
schwierigen Verhandlungen gerechnet wird, bat die Königin den "Informateur"
laut staatlichem Presseamt, seinen Auftrag möglichst rasch zu erledigen. Die
meisten Beobachter gehen davon aus, dass Christdemokraten und die bei der
Wahl verlustreichen Sozialdemokraten ein Bündnis bilden, das durch eine
dritte Partei ergänzt wird. Größter Gewinner der Wahl ist die
Sozialistische Partei, die die Zahl ihrer Sitze von neun auf 26 fast
verdreifachen konnte.
Erste Wahl seit van-Gogh-Mord
Bei der Wahl ging es nicht zuletzt
um einen Richtungsentscheid in der Asyl- und Integrationspolitik. Es war die
erste Abstimmung in den Niederlanden seit der Ermordung des Filmemachers
Theo van Gogh durch einen muslimischen Fanatiker 2004. Seitdem wurde das
Einwanderungsrecht verschärft. Vergangene Woche kündigte
Einwanderungsministerin Rita Verdonk an, Burkas und andere Gesichtsschleier
in der Öffentlichkeit verbieten zu wollen.
Die Sozialdemokraten kritisierten dies als zu drastisch und kündigten an, tausende illegal im Land lebende Ausländer einbürgern zu wollen. Sie wandten sich aber nicht grundsätzlich gegen Einwanderungsbeschränkungen und konzentrierten sich im Wahlkampf stärker auf die Sozialpolitik der Regierung, die sie als herzlos verurteilten.