Landgericht Augsburg sieht Flucht- und Verdunkelungsgefahr.
Der nach Deutschland überstellte frühere Waffenlobbyist Karlheinz Schreiber muss bis zu seinem Prozess im Gefängnis bleiben. Wegen Flucht- und Verdunkelungsgefahr ordnete das Landgericht Augsburg am Dienstag Untersuchungshaft für den 75-Jährigen an. Das Gericht will nun über einen Prozesstermin entscheiden. Bei der Eröffnung des Haftbefehls habe Schreiber die gegen ihn erhobenen Vorwürfe durch seinen Anwalt pauschal bestreiten lassen, teilte Oberstaatsanwalt Reinhard Nemetz mit. Politiker diskutieren unterdessen über Schreibers Bedeutung für den Bundestagswahlkampf, der eine Schlüsselfigur im CDU-Spendenskandal ist.
Enthüllungen
Der Ex-Waffenhändler hatte früher vor allem dem
früheren CDU-Vorsitzenden und heutigen deutschen Innenminister Wolfgang
Schäuble mit brisanten Enthüllungen gedroht. Nemetz erklärte, Schreibers
Anwalt habe sich weitere Erklärungen zu einem späteren Zeitpunkt
vorbehalten. Das Landgericht eröffnete am Dienstag den bereits 1999
erlassenen Haftbefehl gegen Schreiber einen Tag nach dessen Auslieferung
durch kanadische Behörden. Dem 75-Jährigen, der im Augsburger Gefängnis
sitzt, drohen bei einer Verurteilung bis zu 15 Jahre Haft.
Anklage
Die bereits im August 2000 vom Landgericht zugelassene
Anklage der Staatsanwaltschaft Augsburg lautet auf Steuerhinterziehung,
Bestechung, Beihilfe zur Untreue und zum Betrug. Schreiber soll seit Mitte
der 80er Jahre bis 1995 Geld an Industrielle und Politiker verteilt haben.
Als dies aufflog musste die CDU zugeben, unter Kanzler Helmut Kohl ein
System schwarzer Kassen gepflegt zu haben. Schäuble musste im Jahr 2000 als
Kohls Nachfolger an der CDU-Spitze zurücktreten, weil er von Schreiber unter
bis heute ungeklärten Umständen 100.000 D-Mark in bar erhalten hatte. Auch
eine Millionenspende wurde aufgedeckt, die der Lobbyist dem
Ex-CDU-Schatzmeister Walther Leisler Kiep überreicht hatte.
Haftfähig
Nemetz erklärte, nach mehreren ärztlichen
Untersuchungen sei davon auszugehen, dass Schreiber haftfähig sei.
Gerichtssprecher Karl-Heinz Haeusler sagte der Antrag des
Schreiber-Anwaltes, der sich nicht selbst äußerte, eine Kaution festzulegen
und den Haftbefehl außer Vollzug zu setzen, habe das Gericht abgelehnt.
Schreiber sei aber ein Telefonat mit seiner in Kanada lebenden Ehefrau unter
Aufsicht gestattet worden.
Kontakt einschränken
Man wolle Schreibers "Kontakt zur
Außenwelt einschränken", sagte Nemetz. Er befürchte, dass der Angeklagte die
Ermittlungen "konterkarieren" wolle. Da Schreiber sich wohl nicht äußere,
müsse man sich auf "eine sehr, sehr umfangreiche Beweisaufnahme" einstellen,
erklärte Nemetz, der sich seit zehn Jahren um eine Auslieferung bemüht hatte.