Russland bleibt im Kaukasus-Konflikt international isoliert. Die EU will das russische Vorgehen scharf verurteilen. Moskau droht mit Öl-Boykott
Georgien hat nach der Anerkennung seiner abtrünnigen Provinzen Südossetien und Abchasien durch Russland den Sicherheitsrat um Hilfe angerufen. Der einseitige Schritt Moskaus sei illegal und breche internationales Recht, sagte der georgische UN-Botschafter Irakli Alasania.
Wieder keine Resolution
Es war bereits das sechste Mal innerhalb
von rund zwei Wochen, dass sich der Sicherheitsrat in einer
Dringlichkeitssitzung mit dem Kaukasus-Konflikt befasst hat. Zur
Verabschiedung einer Resolution oder anderer Beschlüsse kam es angesichts
des russischen Vetorechts auch diesmal nicht.
Russland will Europa das Öl abdrehen
Russland erägt eine
Drosselung der Öl-Lieferung nach Europa, sollte die EU Sanktionen wegen des
Georgien-Konflikts verhängen. Der Kreml habe mindestens einen der Ölkonzerne
des Landes aufgefordert, sich auf eine Verringerung der Durchleitung ab
Montag vorzubereiten, berichtete das britische Blatt "Daily Telegraph". Es
sind Bericht im Umlauf, dass die Lieferungen nach Polen und Deutschland über
die Pipeline Druschba gedrosselt werden könnten. Eine offizielle
Stellungnahme blieb bislang aus.
USA weist Anschuldigungen zurück
Unterdessen wiesen die USA
russische Anschuldigungen, den Konflikt im Kaukasus mit angefacht zu haben,
als "aberwitzig" zurück. Außerdem erwäge man, Pläne für eine
Zusammenarbeit mit Russland im zivilen Atombereich aufzugeben.
Der Weltsicherheitsrat müsse sich zur territorialen Integrität Georgiens bekennen, forderte der georgische Botschafter vor dem höchsten UN-Gremium. Russland blieb in der teils scharf geführten Debatte isoliert. Mehrere Ratsmitglieder warfen Moskau vor, gegen die UN-Charta und mehrere UN-Resolutionen zu Georgien verstoßen zu haben.
Vorwurf der Doppelmoral
Der russische Vertreter bei den
Vereinten Nationen, Witali Tschurkin, beschuldigte im Gegenzug die USA und
andere westliche Länder der "Doppelmoral". Wer - wie im Irak
oder auf dem Balkan - selbst Gewalt anwende, könne dies nicht Russland
vorwerfen. Der russische Regierungschef Wladimir Putin hatte zuvor
Washington vorgeworfen, Georgiens Führung dazu ermuntert zu haben, die
Region Südossetien anzugreifen. Dies sei geschehen, um einem
US-Präsidentschaftskandidaten zu nützen, sagte Putin dem US-Sender CNN.
Die US-Regierung reagierte empört: Russland solle "aufhören, andere für die Aggression verantwortlich zu machen, die es gegenüber einem Nachbarland gezeigt hat." Moskau müsse die Besatzung Georgiens beenden und sich an die Waffenstillstandsvereinbarung vom 11. August halten, um den Konflikt zu beenden.
EU will Russlands vorgehen scharf verurteilen
Die Europäische
Union plant bei ihrem Sondergipfel am kommenden Montag eine Verurteilung
Moskaus, ohne Russland jedoch weiter in die Isolierung zu treiben. Die
Verurteilung werde "klar" und eindeutig sein. Der Gipfel wolle
klarmachen, dass nach dem Einmarsch der russischen Truppen "nicht zur
Tagesordnung übergegangen werden" könne. Nach Angaben von
Diplomaten wird der Sondergipfel Russland auffordern, alle sechs Punkte der
von Frankreich vermittelten Waffenstillstandsvereinbarung mit Georgien
umzusetzen.
Diplomatische Beziehungen abbrechen
Unterdessen forderte das
Parlament in Tiflis die georgische Regierung zum Abbruch der diplomatischen
Beziehungen zu Russland auf. Russland sei ein "Aggressor", der die
völkerrechtlich zu Georgien gehörenden Gebiete Südossetien und Abchasien
besetzt habe. Das Votum ist für Präsident Saakaschwili nicht bindend. Die
Regierung hatte bereits zuvor beschlossen, zahlreiche Diplomaten aus Moskau
abzuziehen.