Präventivmaßnahme

NATO will Kosovo-Schutztruppe aufstocken

Teilen

Als Vorbeugung gegen die zu erwartenden Unruhen nach der Unabhängigkeitserklärung des Kosovo soll die NATO-Schutztruppe aufgestockt werden.

Nach der erwarteten Unabhängigkeitserklärung des Kosovo will die NATO entschieden gegen mögliche Unruhen vorgehen. NATO-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer sagte, die 16.000 Mann starke KFOR-Schutztruppe werde "energisch gegen jeden vorgehen, der auf Gewalt zurückzugreifen versucht". Die Allianz fürchtet Ausschreitungen zwischen Serben und Kosovo-Albanern, wenn die bisher zu Serbien gehörende und von der UNO verwaltete Provinz ihre Unabhängigkeit erklärt. In diesem Fall könnte das Bündnis zusätzliche Truppen bereitstellen.

Der ehemalige US-Balkan-Beauftragte Richard Holbrooke hat sich für eine Aufstockung der internationalen Schutztruppen in Bosnien-Herzegowina und dem Kosovo als Präventivmaßnahme ausgesprochen. Ein Bataillon würde ausreichen, meinte der Architekt des Dayton-Befriedungsabkommens, mit dem Ende 1995 der Bosnien-Krieg beendet wurde.

Zusätzliche Soldaten als Vorbeugung
"Uns stehen zwei Möglichkeiten zur Verfügung: Entsendung von zusätzlichen Soldaten, um der Gewalt vorzubeugen, oder aber ein Schnelleinsatz wegen der Eskalation der Gewalt", wurde Holbrooke von der bosnischen Tageszeitung "Dnevni avaz" am Freitag zitiert. Sein Ratschlag erfolgte vor dem Hintergrund des verschärften Kosovo-Statuskonflikts und der tiefen politischen Krise, welche Bosnien-Herzegowina in den letzten Wochen durchgemacht hat. Die EUFOR-Mission zählt in Bosnien 2.500 Soldaten. Die im Kosovo stationierte KFOR hat knapp 16.000 Mann.

In Dayton war die ehemalige jugoslawische Teilrepublik Bosnien-Herzegowina in zwei separate Entitäten (Gebietseinheiten) - die Serbische Republik (Republika Srpska) und die Bosniakisch-Kroatische Föderation - geteilt worden. Das unter internationaler Vormundschaft stehende Gebilde ist institutionell weitgehend gelähmt.

Energisches Vorgehen gegen Gewalt
Nach der erwarteten Unabhängigkeitserklärung des Kosovo will die NATO entschieden gegen mögliche Unruhen vorgehen. NATO-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer sagte am Freitag zu Beginn des NATO-Rats in Brüssel, die 16.000 Mann starke KFOR-Schutztruppe werde "energisch gegen jeden vorgehen, der auf Gewalt zurückzugreifen versucht". Die Allianz fürchtet Ausschreitungen zwischen Serben und Kosovo-Albanern, wenn die bisher zu Serbien gehörende und von der UNO verwaltete Provinz ihre Unabhängigkeit erklärt. In diesem Fall könnte das Bündnis zusätzliche Truppen bereitstellen.

Staatengemeinschaft muss Präsenz zeigen
Die Außenminister von Europäischer Union und NATO hatten sich am Donnerstagabend in Brüssel verständigt, die KFOR auch bei einer Unabhängigkeitserklärung der Krisen-Provinz vor Ort zu lassen. Der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier sagte am Freitag, von dem NATO-Rat müsse das Signal ausgehen, dass "die Präsenz der internationalen Staatengemeinschaft weiterhin gewährleistet werden muss". Er warnte die Kosovo-Führung erneut vor "überstürzten Entscheidungen" nach dem 10. Dezember. Dann endet formal die Frist für Verhandlungen zwischen Serben und Kosovaren.

EU kennt die Konsequenzen der Untätigkeit
Die 16.000 Mann starke KFOR werde vor Ort bleiben und wenn nötig aufgestockt, sagte auch der belgische Außenminister Karel De Gucht am späten Donnerstagabend in Brüssel nach einem Abendessen der NATO-Außenminister. Dies bestätigte zudem ein US-Diplomat. Eine Verstärkung der Truppen durch ein italienisches und ein britisches Reserve-Bataillon wäre nach Angaben von NATO-Diplomaten binnen 14 Tagen möglich, ein deutsches Reservebataillon wurde bereits Mitte November zur Begleitung der Wahlen ins Kosovo entsandt. Der britische Außenminister David Milliband warnte davor, alte Fehler zu wiederholen. "Wir wissen noch von Mitte der 90er Jahre, was es kostet, wenn Europa nur die Hände ringt und keine Führung übernimmt."

Österreich stellt Reserve auf
Österreich habe 200 Soldaten für die "Operational Response Force" (ORF) eingemeldet, sagte der Sprecher von Verteidigungsminister Norbert Darabos (S), Stefan Hirsch am Freutag. Diese Reserveeinheit beschränkt sich nicht nur auf den Kosovo. Sie kann etwa auch in Bosnien eingesetzt werden.

"Auf alle Eventualitäten vorbereitet"
Die 200 österreichischen Soldaten könnten im Krisen-Fall innerhalb einer Woche in den Westbalkan entsendet werden, sagte Hirsch. "Wir sind auf alle Eventualitäten vorbereitet." Derzeit beteilige sich Österreich mit 565 Soldaten an der Kosovo-Schutztruppe KFOR. "Österreich ist hier ein verlässlicher Partner. Solange wir gebraucht werden, werden wir einen Beitrag zur Sicherheit leisten." Die UNO-Resolution 1244 bilde nach wie vor die Basis für den KFOR-Einsatz, erklärte Hirsch. In dieser Resolution aus dem Jahr 1999 wird die UNO-verwaltete Provinz völkerrechtlich als ein Bestandteil Serbiens behandelt.

Kosovo-Unabhängigkeit gegen Serbiens Willen
Die politischen Führungskräfte im Kosovo haben angekündigt, die Provinz auch ohne Einverständnis Serbiens für unabhängig zu erklären, nachdem die Verhandlungen um eine gütliche Einigung über den völkerrechtlichen Status Ende November scheiterten. Dies könnte nach Einschätzung von Diplomaten bis Ende Jänner geschehen. Zwar haben einige der 26 NATO-Staaten, so Spanien und die Slowakei, Bedenken gegen die Anerkennung einer einseitigen Unabhängigkeitserklärung der Kosovo-Albaner. Anders als die Europäische Union muss die NATO über diese Frage aber keine gemeinsame Haltung einnehmen.

Moskau lehnt Kosovo-Unabhängigkeit ab
Am Freitag war auch ein NATO-Russland-Rat mit dem russischen Außenminister Sergej Lawrow geplant. Moskau lehnt eine Unabhängigkeit des Kosovo entschieden ab. Daneben sollten auch die Streitthemen KSE-Vertrag sowie mögliche Sanktionen gegen den Iran zur Sprache kommen.

Fehler im Artikel gefunden? Jetzt melden.