Der polnische Präsident fordert eine neue Abstimmung. Die französische EU-Ratspräsidentschaft bemüht sich um Beruhigung.
Der polnische Präsident Lech Kaczynski hat die Zustimmung der Iren in einem neuen Referendum zur Bedingung für eine Ratifizierung des Lissabon-Vertrags gemacht. Er werde den EU-Vertrag nur dann unterzeichnen, wenn die Iren bei einer zweiten Abstimmung mit Ja stimmten, sagte Kaczynski am Mittwoch der Nachrichtenagentur AFP.
Iren-Ja als Voraussetzung
"Wenn Irland eine andere
Entscheidung trifft (als das erste Mal), nicht unter Druck, aber ohne seine
Verfassung zu ändern, wird Polen kein Hindernis sein", sagte
Kaczynski. "Und ich selbst werde dem nicht im Wege stehen, weil das
polnische Parlament dem Vertrag bereits zugestimmt hat."
Der polnische Präsident Lech Kaczynski will seinen französischen Kollegen und EU-Ratsvorsitzenden Nicolas Sarkozy in der Frage des EU-Reformvertrages für seine Politik gewinnen. "Ruhiges Vorgehen und Verständnis für das Recht der irischen Nation" seien eine bessere und wirksamer Vorgehensweise, sagte Kaczynski in einem Fernsehinterview am Mittwochabend. Er hoffe auf eine Gelegenheit, bei der er Sarkozy davon überzeugen könnte, fügte Polens Staatsoberhaupt hinzu.
Dass der Reformvertrag nach dem Nein der Iren beim Referendum "gegenstandslos" sei, bedeute nicht, dass er tot sei, erklärte Kaczynski. "Heute müssen wir abwarten", sagte der polnische Präsident. Er werde das Dokument unterzeichnen, wenn Irland in einem Referendum den Vertrag annehme. Jedes andere Vorgehen würde bedeuten, dass das Prinzip der Einmütigkeit in der EU außer Kraft gesetzt sei.
Frankreich beruhigt
Die französische EU-Ratspräsidentschaft hatte
sich nach dem erneuten Abrücken des polnischen Präsidenten um Beruhigung
bemüht. "Die Unterschrift von Lech Kaczynski wird kommen",
sagte der Pariser Europastaatssekretär Jean-Pierre Jouyet am Mittwoch nach
der wöchentlichen Kabinettssitzung. Ebenso wie Präsident Nicolas Sarkozy
verwies Jouyet darauf, dass Kaczynski den Vertrag mit ausgehandelt und
bereits zweimal unterzeichnet habe. Es sei eine "Frage der
Aufrichtigkeit", dass der polnische Präsident den Vertrag nun auch
ratifiziere.