Deutschland

Putin mit "Mörder"-Rufen empfangen

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Nach der Ermordung der regierungskritischen Journalistin Anna Politkowskaja ist Russlands Präsident für viele Deutsche "nicht willkommen" .

Der russische Präsident Wladimir Putin ist am Dienstag bei seiner Ankunft in Dresden mit "Mörder"-Rufen konfrontiert worden. Als die Wagenkolonne des Präsidenten in der Dresdner Altstadt vor dem Schloss eintraf und Putin ausstieg, schallten ihm "Mörder - Mörder" -Rufe entgegen. Ein Demonstrant hielt zudem ein Pappschild mit der Aufschrift in die Luft: "Mörder - du bist hier nicht mehr willkommen".

Politkowskaja ermordet
In Moskau war am Samstag die regierungskritische Journalistin Anna Politkowskaja ermordet worden. Die auch von der deutschen Regierung scharf verurteilte Tat überschattet den Deutschlandbesuch Putins, dessen Regierung wiederholt wegen ihrer Einflussnahme auf die Medien ins Visier der Kritik geraten ist.

Putin hat den Mord als "abscheuliche Gräueltat" und inakzeptables Verbrechen verurteilt. "Dieser Mord schadet Russland und der geltenden Macht in Russland." Die Täter seien Verbrecher, die verfolgt und bestraft werden müssten: "Wir werden alles dafür tun. " Putin nannte Politkowskaja eine "scharfe Kritikerin" der Staatsmacht in Russland. Allerdings sei ihr Einfluss in der Heimat " unbedeutend" gewesen. Sie sei in Menschenrechtskreisen in Russland und im Westen bekannt gewesen. Dennoch schade die Tat Russland und auch Tschetschenien "viel mehr als die Veröffentlichungen".

Merkel sagte, sie sei "sehr bestürzt" über das Verbrechen. Der Mord sei auch ein Symbol für die Bedeutung der Pressefreiheit in Russland. Sie gehe nach dem Gespräch mit Putin davon aus, dass er seine Zusicherungen einhalten würde.

Stichwort Pressefreiheit
Putin hat zugesichert, dass sein Land die Pressefreiheit gewährleisten wolle: "Wir werden das Mehrparteiensystem bei uns entwickeln und die freie Presse fördern." Putin wies darauf hin, dass es in Russland schon 4.000 Rundfunkgesellschaften sowie mehr als 40.000 Zeitungen und Zeitschriften gebe, an deren Hälfte ausländisches Kapital beteiligt sei. "Wenn wir diesen Weg weitergehen, werden wir die Pressefreiheit gewährleisten", erklärte Putin. Zudem werde in seinem Land im Gegensatz zu anderen Staaten nicht versucht, das Internet zu kontrollieren. Auch die Kabelnetze entzögen sich jeder staatlichen Kontrolle: "Wir werden das auch in Zukunft machen ", sagte er.

Umstrittene Ostseepipeline
Im wirtschaftlichen Teil der Pressekonferenz kam das umstrittene Projekt der Ostsee-Erdgaspipeline zur Sprache. Merkel unterstrich, sie gehe davon aus, dass das Projekt verwirklicht werde. Es richte sich gegen niemanden. Putin sagte, Deutschland sei der wichtigste Erdgasabnehmer. Mit der Ostseepipeline würde Deutschland für etwa 50 Jahre zusätzliches Gas erhalten, was Deutschland die Position des größten Erdgasverteilers in Europa verschaffen würde. Putin und Merkel verurteilten bei der gemeinsamen Pressekonferenz außerdem den Atomtest Nordkoreas. Die internationale Gemeinschaft müsse deshalb jetzt " Flagge zeigen", sagte die Kanzlerin.

Mehrere Vereinbarungen
Als erstes ausländisches Staatsoberhaupt besuchte Putin am frühen Nachmittag mit Bundeskanzlerin Angela Merkel das wiedereröffnete historische Grüne Gewölbe. Am Nachmittag wurden mehrere Vereinbarungen unterzeichnet. Es geht darin unter anderem um die verstärkte Zusammenarbeit bei der Bekämpfung von Infektionskrankheiten, um die gemeinsame Forschung zum Thema Rohstoffe und um Kooperation im künstlerischen Bereich.

Merkel und Putin wollten nach der Abschlusssitzung des 6. Petersburger Dialogs zur deutsch-russischen Zusammenarbeit am Abend intern über die kritischen Themen reden. Merkel wollte dabei die Ermordung der Journalistin am Samstag in Moskau offen ansprechen. Auch die Georgien-Krise und der Atomtest Nordkoreas sollten zur Sprache kommen.

Im Anschluss an die Dresden-Visite wollte Putin weiter nach Bayern reisen. Er hat knapp fünf Jahre seines Lebens in Dresden verbracht. Über diese Zeit von 1985 bis 1990 ist nur wenig bekannt. Putin arbeitete damals für den sowjetischen Geheimdienst KGB - ein gewisse Zurückhaltung war ihm quasi von Berufs wegen auferlegt.

Beziehung zu Dresden
Putin lebte mit Frau und zwei Töchtern in einem Plattenbau im Norden der Stadt. Seine Dienststelle lag nicht weit von der Drei- Zimmer-Wohnung entfernt. Dem Vernehmen nach soll er Agenten für eine Tätigkeit im Westen angeleitet haben. 1990 soll er erfolglos versucht haben, einstige Stasi-Leute für den KGB zu werben. Übereinstimmend berichten Zeugen, dass Putin zur Wende im Herbst 1989 vor der KGB- Zentrale eine wütende Menge von Demonstranten von der Erstürmung des Geländes abhielt. Anfang 1990 ging er mit seiner Familie zurück in seine Heimat.

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