Papst-Rede

Reaktionen der moslemischen Welt

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Die Aussagen von Benedikt XVI. zu Islam und Gewalt haben in der moslemischen Welt heftige Diskussionen hervorgerufen.

Organisation der Islamischen Konferenz
Die Organisation der Islamischen Konferenz (OIC) hat Papst Benedikt XVI. wegen seiner Äußerungen zu Islam und Gewalt scharf kritisiert. Die Organisation, der 57 Staaten mit islamischer Bevölkerung angehören, erklärte im saudi-arabischen Jeddah: "Die OIC hofft, dass diese Kampagne nicht der Prolog für eine neue Politik des Vatikans gegenüber dem Islam ist, besonders nach den vielen Jahrzehnten des Dialoges, der die Kleriker des Vatikans und die führenden Denker und Religionsgelehrten der Mosleme einander näher gebracht hat." Die OIC sprach von einer " Verleumdungskampagne" des Papstes gegen den Propheten Mohammed.

Der Papst habe Mohammed in seiner Vorlesung in Regensburg als "böse und unmenschlich" dargestellt. Außerdem habe er behauptet, der Islam sei vor allem durch Blutvergießen und Gewalt verbreitet worden, "was mit der Natur Gottes nicht zu vereinbaren ist". Die stehe in krassem Widerspruch zum Ruf des Propheten Mohammed, der ein "Prophet der Gnade für die gesamte Menschheit" sei. In der Erklärung hieß es weiter, die OIC hoffe, dass der Vatikan eine Stellungnahme abgeben werde, die " seine wahre Haltung und seine wahren Ansichten über den Islam und die Lehren des Islam reflektiert". Die OIC habe sich ihrerseits immer zurückgehalten und sich nie auf eine Polemik über die Kreuzzüge und Religionskriege der Kirche und die Verfolgung von Moslems während der Inquisition eingelassen, betonten die Vertreter der Mitgliedstaaten.

Großbritannien
Ein Vertreter des britischen Islamrats hat die Äußerungen Papst Benedikts XVI. zum Islam bedauert. Es sei traurig, dass die Bemerkung unter den Moslems weltweit Schmerz und Kränkung hervorgerufen habe, sagte Scheich Ibrahim Mogra. In diesen Zeiten seien eher ermunternde Worte gefragt. Die Moslems seien sehr enttäuscht vom Papst.

Frankreich
Der Vorsitzende des französischen Islamrats (CFCM), Dalil Boubakeur, verlangte vom Papst eine "Klarstellung". Die katholische Kirche müsse deutlich machen, dass sie den Islam als Religion sehe und nicht mit dem Islamismus gleichsetze, der eine "politische Ideologie" sei, sagte Boubakeur. Die fünf Millionen französischen Moslems wünschten "freundschaftliche Beziehungen" zu den Christen im gemeinsamen Kampf gegen die alle Gläubigen bedrohenden Gefahren: "Extremismus, Radikalisierung, Intoleranz und Gewalt".

USA
Die "New York Times" hat Papst Benedikt XVI. aufgefordert, sich "zutiefst und aufrichtig" für seine umstrittenen Äußerungen über den Islam zu entschuldigen. Die Worte des Oberhaupts der römisch-katholischen Kirche seien "schlimm und inhuman" gewesen, schrieb die Zeitung in einem Leitartikel am Samstag. " Die Welt hört den Worten eines jeden Papstes sehr genau zu. Und es ist tragisch und gefährlich, wenn einer Schmerz zufügt, gleich ob es aus Absicht oder Unachtsamkeit geschieht", hieß es in dem Kommentar. "Er muss sich zutiefst und aufrichtig entschuldigen und damit zeigen, dass Worte auch heilen können."

Ägypten
Auch die einflussreiche Moslem-Bruderschaft in Ägypten hat die islamische Welt zum Protest gegen Papst Benedikt XVI. aufgerufen. Der Leiter der Moslem-Bruderschaft, Mohamed Mahdi Akef, forderte eine Entschuldigung des römisch-katholischen Kirchenoberhaupts für dessen Äußerungen zum moslemischen Verständnis des Heiligen Krieges. Er rief alle moslemischen Staaten dazu auf, mit dem Abbruch ihrer Beziehungen zum Vatikan zu drohen, sollte der Papst seine Äußerungen nicht zurücknehmen. Die ägyptische Moslem-Bruderschaft ist eine der ältesten, größten und einflussreichsten Organisationen in der arabischen Welt.

Der im sunnitischen Islam als oberste religiöse Autorität anerkannte Großscheich der Al-Ashar-Universität in Kairo hat Benedikt XVI. " Unkenntnis des Islam" vorgeworfen. Mit seinen Äußerungen über das Verhältnis von Gewalt und islamischer Religion habe der Papst "den Zorn von mehr als 1,3 Milliarden Moslems in der ganzen Welt geweckt", heißt es in einer Erklärung von Großscheich Mohammed Said Tantawi. Er selbst sei "entrüstet" über Benedikts Äußerungen, schrieb der renommierte Religionsgelehrte. Dem "Dialog der Religionen und Zivilisationen" habe der Papst keinen guten Dienst erwiesen.

Der ägyptische Außenminister Ahmed Abul Gheit hat Papst Benedikt XVI. aufgefordert, seine Äußerungen zum Islam zu erläutern. " Er muss sich erklären und uns sagen, was genau er gemeint hat", verlangte Gheit. So könne man die Sache nicht auf sich beruhen lassen.

Die ägyptische islamische Arbeitspartei hat dem Papst vorgeworfen, er habe in seiner umstrittenen Rede den Propheten Mohammed beleidigt. " Wacht auf Moslems, der Papst beleidigt den Propheten und bezeichnet den Islam in seiner Ahnungslosigkeit als möglichen Feind", hieß es in einer am Freitag in Kairo verbreiteten Erklärung der Partei. Die Arbeitspartei rief zu Protestkundgebungen gegen den Papst auf.

Türkei
Zuvor hatte bereits die oberste türkische Religionsbehörde eine Entschuldigung für die während der Deutschlandreise gefallenen Bemerkungen des Papstes gefordert. Die Worte des Kirchenoberhauptes seien "extrem bedauerlich und Besorgnis erregend" , sagte der Präsident des Amtes für religiöse Angelegenheiten, Ali Bardakoglu. Er warf dem aus Bayern stammenden Pontifex Hassgefühle vor und stellte dessen für November geplante Reise in die Türkei in Frage.

Der stellvertretende Vorsitzende der türkischen Regierungspartei AKP, Salih Kapusuz, erklärte gar, der Papst werde wegen seiner Äußerung als negative Figur in die Geschichte eingehen wie Hitler und Mussolini. Die Bemerkungen des Papstes basierten entweder auf einer bedauernswerten Ignoranz gegenüber dem Islam oder seien eine absichtliche Verdrehung von Tatsachen, was eine 1.000-fache Multiplikation von Ignoranz wäre. "Er hat eine dunkle Mentalität, die aus der Dunkelheit des Mittelalters kommt", sagte Kapusuz über das Oberhaupt der Katholiken. Es sei bedauerlich, dass das Papsttum von einem mit solchen Vorurteilen belasteten Menschen vertreten werde.

Palästina
Im Westjordanland sind am Samstagmorgen Brandsätze auf zwei Kirchen geschleudert worden. Eine Gruppe namens Löwen des Monotheismus teilte in einem Telefonanruf and die Nachrichtenagentur AP mit, es handle sich um einen Protest gegen die jüngsten Äußerungen von Papst Benedikt XVI. über den Islam. Geistliche und Augenzeugen bestätigten die Angriffe. Vater Yussef, ein Priester der Anglikanischen Kirche, sagte, mehrere Brandsätze hätten die Mauer seiner Kirche in Nablus getroffen. Auch eine katholische Kirche wurde angegriffen.

Palästinenser haben bereits am Freitag einen Sprengstoffanschlag auf eine Kirche im Gazastreifen verübt. Vor dem Eingang einer römisch-orthodoxen Kirche in Gaza sei eine selbst gebaute Bombe gezündet worden, die Sachschaden angerichtet habe, teilte die Polizei mit. Hintergrund seien offensichtlich Äußerungen des Papstes.

Jordanien
Die jordanische Regierung hat die Äußerungen des Papstes als "äußerst beleidigend" bezeichnet. "Wir glauben, dass diese Bemerkungen extrem verletzend und inakzeptabel sind" , sagte der jordanische Religionsminister Abdul Fattah Salah. "Wir sind vollkommen überrascht, weil diese Erklärung nach einer Periode kommt, in der im Dialog zwischen den verschiedenen Glaubensrichtungen große Fortschritte erzielt worden sind." Salah forderte das Oberhaupt der katholischen Kirche zur "sofortigen Klärung" seiner Äußerungen auf.

GCC
Auch die sechs im Golf-Kooperationsrat (GCC) vertretenen Öl-Monarchien am Persischen Golf forderten eine Entschuldigung des Papstes. Vom Papst werde nun eine "klare und offene Entschuldigung" erwartet "für die schädlichen Irreführungen in seiner Rede und für seinen Angriff auf den Islam und dessen Propheten", hieß es in einer Erklärung, die der Rat am Freitagabend in Riad vorlegte. "Eine bloße Klarstellung reicht nicht aus", heißt es in dem Text. Benedikts Äußerungen förderten "den religiösen Fanatismus und die Feindseligkeit zwischen den Religionen". Dem GCC gehören neben Saudi-Arabien auch Kuwait, Bahrain, Katar, Oman und die Vereinigten Arabischen Emirate an.

Iran
Ein iranischer Kleriker und Mitglied des höchsten islamischen Gremiums des Landes hat am Freitag die Papst-Rede als " unerhört" bezeichnet. "Es ist wirklich bedauerlich, dass der Papst nicht ausreichend über den Islam informiert ist und sich derart unerhört dazu äußert," sagte Ahmad Khatami während der Freitagsgebetszeremonie in Teheran. "Obwohl solche Äußerungen nur das Licht des Islams weiter erhellen werden, fordern wir den Papst dennoch auf, sich mehr mit dem Islam auseinander zu setzen," so der konservative Kleriker, der ein führendes Mitglied des iranischen Expertenrates ist.

Pakistan
Das pakistanische Parlament hat am Freitag in einer einstimmig verabschiedeten Resolution die Bemerkungen von Benedikt XVI. verurteilt. Die Äußerungen seien abfällig dem Islam gegenüber, der Papst müsse sich dafür bei den Muslimen entschuldigen. Die vom radikalen Abgeordneten Fazal Karim eingebrachte Resolution wurde sowohl von Oppositions- als auch von Regierungsabgeordneten unterstützt.

Indien
Moslemische Gelehrte in Indien haben die Äußerungen des Papstes als "unverantwortlich" und "blasphemisch" kritisiert. Im mehrheitlich moslemischen indischen Bundesstaat Jammu und Kaschmir beschlagnahmten Polizisten vorsorglich Tageszeitungen, in denen über diese Äußerungen berichtet wurde, um Unruhen zu verhindern. Führende Muslime werteten die Worte des Papstes als Provokation und verwiesen auf die angespannten interreligiösen Beziehungen.

Malaysia
Der Papst müsse seine Äußerungen zurücknehmen und sich entschuldigen, sagte der malaysische Ministerpräsident Abdullah Badawi. "Der Papst darf das Ausmaß der Empörung, die er verursacht hat, nicht unterschätzen." Die "volle Verantwortung" für die Lage liege beim Vatikan. Abdullah warf dem Papst vor, mit seinen Äußerungen "die Saat der Zwietracht" gesät zu haben, "was dem Dialog der Religionen nicht förderlich ist".

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