Viele verlassen Land

"Schuss ins eigene Knie" - Selenskyj öffnet Grenze für junge Männer

Die Ukraine hat ihre Ausreiseregeln für junge Männer zwischen 18 und 22 Jahren gelockert, was bei der Opposition auf scharfe Kritik stößt. Erste Zahlen deuten darauf hin, dass viele junge Ukrainer die neuen Regelungen zur Ausreise nutzen. 

Die Ukraine steht vor schwierigen Herausforderungen: Drei Jahre nach dem Beginn des russischen Angriffskriegs ist das Land weiterhin mit erheblichen Rekrutierungsproblemen konfrontiert. Zwar gelingt es Kiew, monatlich zwischen 25.000 und 30.000 Soldaten zu mobilisieren, doch die demografische Lage verschärft sich zunehmend. Schätzungen zufolge hat die Bevölkerung auf dem von Kiew kontrollierten Gebiet seit Februar 2022 um etwa zehn Millionen Menschen abgenommen.

Ende August überraschende Lockerung

Mit dem Kriegsrecht, das am 24. Februar 2022 verhängt wurde, wurde das Ausreiseverbot für alle Männer im Alter zwischen 18 und 60 Jahren eingeführt. Doch Ende August 2023 kündigte die ukrainische Regierung überraschend an, die Bestimmungen für Männer im Alter von 18 bis 22 Jahren zu lockern. Dies war ein Schritt, der vor kurzem noch undenkbar schien. Zuletzt war das Mobilisierungsalter auf 25 Jahre herabgesetzt worden.

Warum diese Entscheidung überraschend kam: Experten weisen darauf hin, dass der Ukraine eine große Herausforderung bevorsteht: In der Armee ist das Durchschnittsalter über 40 Jahre, und gerade in der Infanterie wird dringend auf jüngere Rekruten gesetzt. Dennoch war der Rückgang der Geburtenzahlen und die massenhafte Ausreise von jungen Männern während des Krieges ein signifikantes Problem.

Präsident Wolodymyr Selenskyj äußerte sich dazu: Er betonte, dass weniger junge Menschen die Schule abschließen, was das Land zwinge, über neue Wege zur Rekrutierung nachzudenken. Dies sei ein Grund dafür, dass Eltern versuchen, ihre Söhne vor der Verschärfung der Ausreisebestimmungen aus dem Land zu bringen. Der Präsident erklärte, dass junge Ukrainer im Land bleiben sollten, um ihre Ausbildung zu beenden und sich langfristig für eine Rückkehr in die Gesellschaft und Armee vorzubereiten.

Doch die Lockerung des Ausreiseverbots hat zu einer erhöhten Zahl von Grenzüberquerungen geführt. Der ukrainische Grenzschutz meldete, dass die Zahl der Überquerungen zur Grenze nach Polen nun zwölfmal höher ist als zuvor. Besonders betroffen ist die Gastronomie, wo viele Studenten arbeiten, sowie systemrelevante Unternehmen wie Nowa Poschta, ein führender Anbieter im Bereich Postsendungen.

"Schuss ins eigene Knie" 

Opposition kritisiert den Schritt: Der Verteidigungsexperte Roman Kostenko von der Partei "Stimme" bezeichnete die Entscheidung als "Schuss ins eigene Knie" und warnte davor, dass viele der ausreisenden Männer nicht in die Ukraine zurückkehren würden. Dies könnte die ohnehin schon schwierige Rekrutierungssituation weiter verschärfen.

Anwerben neuer Rekruten äußerst schwierig

Rekrutierungsprogramme bislang wenig erfolgreich: Die Bemühungen der ukrainischen Regierung, junge Menschen freiwillig in die Armee zu ziehen, blieben bislang erfolglos. Ein lukratives Vertragsangebot für 18- bis 24-Jährige, das eine Vergütung von bis zu 46.000 Euro umfasst, konnte nur wenige Rekruten anwerben. Nach Angaben von ntv haben sich lediglich 400 bis 1500 Personen gemeldet, was die Regierung zu weiteren Anpassungen zwingt.

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