Italien

Spionageskandal weitet sich weiter aus

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Neben Regierungschef Prodi sollen auch Staatspräsident Napolitano und Oppositionschef Berlusconi ausspioniert worden sein.

Nicht nur der italienische Regierungschef Romano Prodi ist einem mysteriösen Spionagering zum Opfer gefallen, der in den vergangenen zwei Jahren illegal Telefongespräche von Politikern, Großunternehmern und Journalisten abgehört hat. Auch die Steuerdateien des italienischen Staatspräsidenten Giorgio Napolitano und des Oppositionschefs und Ex-Premiers Silvio Berlusconi wurden mehrfach illegal ausspioniert, teilte der Vize-Wirtschaftsminister Vincenzo Visco mit.

Sogar die Konten hochrangige Vertreter der Regierungskoalition, wie Außenminister Massimo D'Alema, und Linksdemokraten-Chef Piero Fassino waren betroffen.

Ermittlungen gegen 128 Verdächtige
Die Mailänder Staatsanwaltschaft ermittelt in dieser Angelegenheit aufgrund einer Anzeige des Wirtschaftsministeriums. Durchsuchungen wurden gegen die Mitglieder des Spionagerings angeordnet. Gegen 128 Personen wurden Ermittlungen in die Wege geleitet, darunter Angestellte des Steueramts, sowie Angehörige der Grenz- und der Steuerpolizei, berichtete die Mailänder Staatsanwaltschaft.

Im September verhaftet
Der Vorwurf lautet auf illegalen Erwerb wichtiger Informationen. An der Spitze des mafiösen Netzes, in das offenbar auch der Geheimdienst verstrickt war, stehen der Ex-Sicherheitschef der Telecom, Giuliano Tavaroli, ein Detektiv und mehrere Polizeibeamte. Tavaroli und weitere 20 Personen waren im September festgenommen worden.

Besorgnis über Lauschangriff
Die Affäre erschütterte die Regierungskoalition. Prodis Sprecher Silvio Sircana erklärte, die Regierung sei "zutiefst betrübt": "Wir sind über diesen Lauschangriff gegen den Premierminister und seine Familie besorgt. Dieser Fall betrifft auch andere Persönlichkeiten und normale Bürger, deren Leben in den letzten zwei Jahren unter die Lupe genommen worden ist, um Unregelmäßigkeiten festzustellen. Es liegt auf der Hand, dass bei Prodi nichts gefunden wurde", so Sircana. Er beteuerte das volle Vertrauen der Regierung in die Arbeit der Staatsanwaltschaft.

Justizminister Clemente Mastella sprach von einem "dunklen Kapitel der italienischen Republik" und von einem "Attentat auf die Demokratie" . Er ordnete eine Untersuchung des Falles an.

Der Chef der Grünen, Alfonso Pecoraro Scanio, zog teilweise Parallelen zum Skandal um die Geheimloge P2 in den achtziger Jahren oder zum Tangentopoli-Korruptionsskandal, in dem Anfang der neunziger Jahre die Erste Republik in Italien untergegangen war. Tatsächlich sind jedoch die Hintergründe des privaten Spionagerings noch nicht genau abschätzbar. "Prodi ist Opfer eines ständigen Angriffs. Ich hoffe, dass die Ermittlungen zur Wahrheit führen werden", sagte Pecoraro Scanio.

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