CSU-Spitzelaffäre

Stoiber startet Gegenangriff

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Stoibers Büro soll private Informationen über eine Gegnerin organisiert haben. Stoibers Bürochef musste den Hut nehmen. Der CSU-Chef geht nun in die Offensive.

Die Spitzelaffäre bei den deutschen Christsozialen hat den Weihnachtsfrieden der bayrischen Regierungspartei empfindlich gestört. CSU-Chef Edmund Stoiber ging zum Gegenangriff über und warf der Fürther Landrätin Gabriele Pauli (CSU) parteischädigendes Verhalten vor. Sie betreibe "das Geschäft des politischen Gegners", sagte Bayerns Ministerpräsident gegenüber der Zeitung "Bild am Sonntag". Zugleich wies er jede Verantwortung in der Affäre von sich. Er habe sich nichts vorzuwerfen. Vorwürfe, er habe ein Spitzelsystem errichtet, bezeichnete Stoiber als "absoluten Unsinn".

Im Hinblick auf seine Kontrahentin sagte der Parteivorsitzende, Basis und Führung der CSU wollten "keinen Solotrip auf Kosten der Partei". Die CSU-Rebellin Pauli wies den Angriff am Samstag umgehend zurück. Sie betonte in der Online-Ausgabe des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel", sie erhalte riesigen Zuspruch von der Parteibasis. "Es gibt viele, die die Dinge so sehen wie ich." Die CSU habe jetzt erstmals die Chance, ein "System des Niederhaltens von Kritikern" selbsttätig zu beseitigen. Pauli hätte nach eigenen Worten eine Entschuldigung von Stoiber erwartet und die Einsicht, "dass das ehrverletzend war, was passiert ist".

Autoritätsverlust
Die bayrischen Landtags-Grüne werteten die Affäre als Zeichen eines fortschreitenden Autoritätsverlustes von Stoiber. Die CSU versuche, die Vorfälle als "Problem Pauli" darzustellen. "Das ist der Versuch, das Opfer in die Ecke zu stellen", sagte Grünen-Fraktionschef Sepp Dürr am Samstag der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Die FDP-Landesvorsitzende Sabine Leutheusser-Schnarrenberger sagte: "Demontage und Selbstdemontage der früheren Identifikationsfigur Edmund Stoiber haben grausame Formen angenommen und machen nicht einmal mehr eine Weihnachtspause."

Büro-Leiter zurückgetreten
Am Freitag hatten die Bespitzelungsvorwürfe gegen die Bayerische Staatskanzlei einen der engsten Stoiber-Vertrauten, seinen Büroleiter Michael Höhenberger, zum Rückzug gezwungen. Die Fürther Landrätin Pauli beschuldigt ihn, bei einem Telefonat mit einem Parteifreund ihr intimstes Privatleben ausgeforscht zu haben - angeblich, um an kompromittierende Informationen zu kommen. Pauli beschuldigt Stoiber, von Höhenbergers Aktion gewusst zu haben.

Stoiber: "War nicht informiert"
Dies bestritt Stoiber: "Das war die Aktion eines einzelnen Mitarbeiters, der auch öffentlich klipp und klar erklärt hat, dass er mich davon nicht informiert hat. Ich hätte das nie zugelassen." Grünen-Politiker Dürr sagte, entscheidend sei nicht die Frage, ob Stoiber über Höhenbergers Aktion informiert war. "Entscheidend ist, dass so etwas in der Staatskanzlei überhaupt möglich war."

"Höhenberger hat sich falsch verhalten", sagte CSU-Landtagsfraktionschef Joachim Herrmann der "Welt am Sonntag". "Die Staatskanzlei machte den Fehler, das totschweigen zu wollen." Herrmann empfahl der Regierungszentrale: "Die Staatskanzlei sollte sich auf gute Politik konzentrieren und nicht auf die Suche nach Gegnern von Edmund Stoiber."

Stoiber-Kritiker im Aufwind
Pauli bekam unterdessen Unterstützung aus den eigenen Reihen. Der Landtagsabgeordnete Sebastian Rotenhan, ebenfalls ein Stoiber-Kritiker, sprach in der "Frankfurter Rundschau" (Samstag-Ausgabe) von "Büchsenspannern" in der Staatskanzlei, die auf alles schießen würden, was gegen den Ministerpräsidenten gerichtet sei. Der stellvertretende Rother CSU-Kreisvorsitzende Stefan Kuchenmeister sprach sich - wie Pauli - gegen eine erneute Kandidatur Stoibers bei der Landtagswahl 2008 aus.

CSU-Krise
Dagegen brachte der Münchner CSU-Bezirksvorsitzende Otmar Bernhard Sanktionen gegen Pauli ins Gespräch. "Wenn sie so weitermacht, müssen wir ein Ausschlussverfahren erwägen", sagte er dem "Münchner Merkur" (Samstag-Ausgabe). Dem widersprach Landtagspräsident Alois Glück (CSU) im Bayerischen Rundfunk: "Das würde allenfalls dazu führen, dass Frau Pauli ein Stück Märtyrerin wird und andere Gefolgschaften findet." Bayerns Umweltminister Werner Schnappauf (CSU) sagte der dpa: "Ich wünsche, dass Gabriele Pauli in der Partei bleibt." Schnappauf forderte aber ein Ende der öffentlichen Debatte über die Spitzelaffäre.

Ähnlich äußerte sich Bayerns Innenminister Günther Beckstein (CSU). Mit den Rückzug von Höhenberger sei die Sache erledigt, sagte er dem "Münchner Merkur". Höhenberger soll nach Informationen des Blattes jedoch eine leitende Funktion in der Bayerischen Staatskanzlei behalten und somit weiter eng an Stoibers Seite bleiben. Ein Sprecher der Staatskanzlei sagte auf Anfrage, die endgültige Entscheidung über Höhenbergers künftige Verwendung sei noch nicht gefallen.

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