Grenzgänger

Südkoreas Präsident überschritt Grenze nach Nordkorea

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Der historische Grenzgang und das folgende Gipeltreffen sollen der Spaltung der Halbinsel entgegenwirken.

Der südkoreanische Präsident Roh Moo Hyun ist am Dienstag, nachdem er die Demarkationslinie am 38. Breitengang symbolisch zu Fuß überquert hatte, zum zweiten innerkoreanischen Gipfeltreffen in der nordkoreanischen Hauptstadt Pjöngjang eingetroffen. Dort wurde er vom nordkoreanischen Machthaber Kim Jong Il empfangen, der Partei- und Armeechef ist, ohne formell das Präsidentenamt zu bekleiden. Kim Jong Il gab sich bei der Begrüßung seines Gastes - anders als beim ersten Gipfel im Juni 2000 mit Rohs Amtsvorgänger Kim Dae Jung - kühl und reserviert. Bei dem Treffen soll nach den Vorstellungen Rohs über vertrauensbildende Maßnahmen, Abrüstung und die Aufnahme von Verhandlungen über einen Friedensvertrag gesprochen werden.

Zu Fuß über die Grenze
Kim Jong Ils distanziertes Verhalten bei dem Empfang mit militärischen Ehren stand in starkem Kontrast zu dem ersten Gipfeltreffen vor sieben Jahren, als er den damaligen südkoreanischen Präsidenten Kim Dae Jung mit einem Lächeln begrüßt und beide Händen ergriffen hatte. Vor seiner Ankunft in Pjöngjang war Roh zu Fuß über die Grenze gegangen.

"Diese Mauer wird fallen."
Dabei überschritt er in der Nähe der Stadt Kaesong an der Demarkationslinie einen gelben Streifen mit der Aufschrift "Frieden" und "Wohlstand". "Diese Linie ist eine Mauer, die unsere Nation seit einem halben Jahrhundert geteilt hat", sagte Roh.

Vor seiner Abreise erklärte Roh, er wolle auf den Ergebnissen des ersten Nord-Süd-Gipfels aufbauen und den langsamen Verlauf der Versöhnung beschleunigen. Konkrete Gesprächsthemen wurden nicht genannt. Roh wird auf seiner Reise von Vertretern aus Wirtschaft, Kultur und Politik begleitet. Nordkorea erhofft sich von dem Gipfel bessere Beziehungen zwischen beiden Staaten und eine Entspannung der Lage in der Region, wie der nordkoreanische UNO-Botschafter Pak Gil Yon am Montag in einem Gespräch mit UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon in New York erklärte. Ban, früher südkoreanischer Außenminister, erklärte, er hoffe, beide Politiker würden bei ihrem Treffen ein historisches Ergebnis erzielen.

Hintergrund

Bis heute gibt es keinen Friedensvertrag auf der Halbinsel. Der Koreakrieg dauerte von 1950 bis 1953. Im Juni 1950 hatten nordkoreanische Truppen die Demarkationslinie auf der nach dem Zweiten Weltkrieg geteilten Halbinsel überschritten. Damit begann ein Krieg, der 4,5 Millionen Tote forderte und durch einen bis heute gültigen Waffenstillstand beendet wurde. Der UNO-Sicherheitsrat beschloss, Südkorea mit UNO-Truppen zu Hilfe zu kommen. Die Sowjetunion boykottierte damals aus anderen Gründen den Weltsicherheitsrat; so war kein Vertreter Moskaus zugegen, der sein Veto hätte einlegen können. Die USA stellten das weitaus größte Truppenkontingent der UNO-Streitmacht. China unterstützte Nordkorea mit einer großen "Freiwilligen"-Armee. Das Waffenstillstandsabkommen wurde von einem US-General im Namen der UNO unterzeichnet.

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Als erster Präsident Südkoreas hat Roh Moo-hyun am Dienstag auf dem Weg zum zweiten gesamtkoreanischen Gipfeltreffen die scharfbewachte Grenze zu Nordkorea zu Fuß  überschritten.

"Die Koreaner haben angesichts dieser Grenze schon zu viel gelitten", sagte Roh vor laufender Kamera. Er wolle sich dafür einsetzen, den Weg für Frieden und gemeinsamen Wohlstand einzuschlagen.

Eines der Hauptthemen des Gipfeltreffens dürfte das Atomprogramm Nordkoreas sein. Das Land hat sich im Rahmen der Sechs-Parteien-Gespräche offenbar dazu bereiterklärt, seine Atomanlagen bis Ende des Jahres zu schließen.

Beide Länder befinden sich völkerrechtlich noch im Kriegszustand, da seit dem Korea-Krieg (1950-53) noch immer kein Friedensvertrag zustande gekommen ist.

Auf der anderen Seite wurde Roh von Vertretern Nordkoreas begrüßt. Eine Frau in traditioneller Kleidung überreichte ihm einen Blumenstrauß.

Roh und seine Frau Kwon Yang-suk waren aus ihrem Auto gestiegen, bevor sie die militärische Demarkationslinie (MDL) innerhalb der vier Kilometer breiten Pufferzone zwischen beiden Ländern erreicht hatten.

Die historische Grenzquerung sollte die Entschlossenheit zur Schaffung eines dauerhaften Friedens auf der koreanischen Halbinsel symbolisieren.