Taiwans Staatspräsident Chen sagte, dass Chinas Kommunisten den Weltfrieden bedrohen. Er bekräftigte den Souveränitätsanspruch Taiwans.
Taiwan hat am Mittwoch mit einer Militärparade zum Nationalfeiertag seine Eigenständigkeit betont und der kommunistischen Führung Chinas vorgeworfen, eine Einschüchterungspolitik zu verfolgen und den Weltfrieden zu bedrohen. Staatspräsident Chen Shui-bian unterstrich in seiner im Fernsehen übertragenen Rede, Peking habe die Friedensangebote Taiwans ignoriert und bediene sich einer "mehr denn je aggressiven Rhetorik". Er forderte die Volksrepublik auf, umgehend die knapp 1000 auf Taiwan gerichteten Raketen abzubauen und und keine Militärmanöver mehr abzuhalten, die einen Einsatz gegen die Insel simulieren.
Schon jahrelange Konflikte um Loslösung von China
Die
chinesische Führung wirft Chen vor, die staatsrechtliche Loslösung Taiwans
von China anzustreben. Der chinesische Volkskongress hatte ein
"Antisezessionsgesetz" verabschiedet, das den Einsatz militärischer Gewalt
gegen die Insel für den Fall einer Unabhängigkeitserklärung ermöglicht. Die
USA hatten mit dem "Taiwan Relations Act" von 1979 vertraglich garantiert,
der Insel im Fall eines Angriffs zu Hilfe zu kommen. Das taiwanesische
Militär hatte die Entwicklung von Marschflugkörpern angekündigt, die Ziele
auf dem Festland zerstören könnten. Die Rakete mit der Bezeichnung "Hsiung
Feng III", die bei der Parade in Taipeh am Mittwoch nicht gezeigt wurde,
soll eine Reichweite von 1000 Kilometern haben und könnte auch die
Millionenmetropole Shanghai treffen.
Anerkennung der Souveränität Taiwans durch China gefordert
Chen
forderte Peking in seiner Rede auf, sein Land nicht weiter herabzusetzen und
auszugrenzen, sondern die Souveränität Taiwans anzuerkennen. "Es darf keine
doppelten Maßstäbe bei universellen Werten wie Freiheit, Demokratie und
Menschenrechte geben", erklärte der Präsident mit Blickrichtung auf das
chinesische Motto "Eine Welt, ein Traum" für die Olympischen Spiele 2008 in
Peking. Der Präsident bekräftigte den Anspruch Taiwans, Mitglied der UNO zu
werden: "Unser Volk hat das Recht, eine angemessene Vertretung in den
Vereinten Nationen zu fordern." Darüber solle bei der Präsidentenwahl im
März ein Referendum abgehalten werden.
"Doppelzehnfest"
Der 10. Oktober, auch "Doppelzehnfest"
genannt, erinnert an die bürgerliche chinesische Revolution. Der Aufstand
von Wuchang vom 10. Oktober 1911 führte zum Ende des Kaisertums und zur
Gründung der Republik China am 1. Jänner 1912. Nach ihrer Niederlage im
Bürgerkrieg gegen die Kommunisten 1949 war die nationalchinesische Regierung
auf die Insel Taiwan geflüchtet. Die nationalchinesische Regierung hatte
bis 1971 den chinesischen UNO-Sitz sowie einen der fünf Ständigen Sitze im
Weltsicherheitsrat inne. 1971 wurde die Regierung in Peking von der UNO als
alleinige rechtmäßige Regierung von ganz China anerkannt; damit wurde ihr
der chinesische UNO-Sitz zugesprochen.
China will friedliche Wiedervereinigung
Der chinesische
Ministerpräsident Wen Jiabao hatte Taiwan in seiner Rede zum
Nationalfeiertag der Volksrepublik (1. Oktober) aufgefordert, keine formelle
Unabhängigkeit anzustreben. Man wolle mit den "taiwanesischen Landsleuten"
zusammenarbeiten, um eine friedliche Wiedervereinigung Chinas zu erreichen,
sagte Wen, nachdem die taiwanesische Regierungspartei in einer Resolution
die Eigenständigkeit der Insel bekräftigt hatte.