Gaza-Rückkehrer sollen im besetzten Gebiet angesiedelt werden. Eine israelische Friedensorganisation wirft der Regierung Augenauswischerei vor.
Berichte über den geplanten Bau einer neuen israelischen Siedlung im Westjordanland - in Zeiten intensiver Bemühungen um Fortschritte beim Nahost-Friedensprozess - haben international für große Verstimmung gesorgt. Das US-Außenministerium forderte in ungewöhnlich scharfem Ton "Erklärungen" von Israel. Die israelische Regierung steht jedoch auf dem Standpunkt, es handle sich gar nicht wirklich um eine neue Siedlung, da die Ortschaft bereits 1981 mit Billigung der Regierung gegründet worden sei. Diese Erklärung will jedoch die israelische Friedensorganisation "Shalom Ahshav" (Peace now/Frieden jetzt), die sich den Kampf gegen den Siedlungsbau auf die Fahne geschrieben hat, nicht gelten lassen.
Täuschungsmanöver
Es sei ein Täuschungsmanöver, meinte
ein Sprecher von "Shalom Ahshav" am Donnerstag. Es sei nicht daran zu
rütteln, dass es sich faktisch um eine neue Siedlung handele. Es sei das
erste Mal seit fast zehn Jahren, dass eine neue Siedlung im Westjordanland
gegründet werden solle. Nach Informationen der Organisation leben im
Westjordanland (ohne Ost-Jerusalem) etwa 260.000 israelische Siedler in 121
Siedlungen. Die geplante Verlegung von 30 Familien aus den ehemaligen
Siedlungen im Gaza-Streifen in das Westjordanland stößt international auf
Unverständnis. Der Friedensfahrplan (Roadmap) des Nahost-Quartetts (USA,
UNO, EU, Russland) verpflichtet Israel, keine neuen Siedlungen auf besetztem
Gebiet mehr zu bauen. Auch angesichts der israelischen Entscheidung, auf
dauernde Raketenangriffe aus dem Gaza-Streifen wieder mit gezielten
Militärschlägen gegen beteiligte Palästinenser zu reagieren, wächst nun die
Sorge um diplomatische Rückschläge wegen neuer Gewalt.
Negatives Signal für Friedensbemühungen
Aus
israelischen Sicherheitskreisen heißt es, die Zustimmung zu der Ansiedlung
der Familien in Maskiot, in der in den letzten Jahren Internatsschüler einer
Militärakademie lebten, stamme noch aus der Amtszeit des ehemaligen
Ministerpräsidenten Ariel Sharon. Der jetzige Verteidigungsminister Amir
Peretz (Arbeitspartei) habe keine andere Wahl gehabt, als die Zusage seines
rechtsorientierten Amtsvorgängers Shaul Mofaz an die Gaza-Siedler am
vergangenen Dienstag zu billigen. Doch der Bau einer neuen Heimstätte für
Gaza-Siedler im Westjordanland erscheint als negatives Signal inmitten der
Bemühungen um eine Wiederbelebung des brachliegenden Friedensprozesses in
der Region. "Israel pfeift auf die USA und die Weltöffentlichkeit", wetterte
der Vorsitzende von Shalom Ahshav, Yariv Oppenheimer, am Mittwoch. "Die
Entscheidung, eine neue Siedlung zu bauen, schadet Israel und verursacht
einen überflüssigen Konflikt mit den USA."
Versuch, Tatsachen zu schaffen
Die "neue alte" Siedlung liegt im
strategisch wichtigen Jordantal an der Grenze zu Jordanien. Israel hat
betont, es werde das Jordantal aus Gründen der militärischen Sicherheit auch
im Rahmen einer endgültigen Friedensregelung mit den Palästinensern und
eines Abzugs aus weiten Teilen des Westjordanlands nicht räumen. Die
Verlegung der Familien in diesen Landstrich erscheint daher als Versuch,
Tatsachen zu schaffen, die später nur noch schwer rückgängig zu machen sind.