EU-Bericht

Türkei will alle EU-Kriterien zu Demokratie erfüllen

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Der EU-Fortschrittsbericht zur Türkei ist erwartungsgemäß kritisch ausgefallen. Die Türkei hat als Reaktion weitere demokratische Reformen angekündigt.

Außenminister Abdullah Gül sagte am Mittwoch in Rom, die Türkei wolle demokratischer werden und alle EU-Kriterien erfüllen. "Wir sind dazu entschlossen und wissen, dass das türkische Volk davon direkt profitieren wird", sagte er. Der Türkei sei klar, dass die EU-Kriterien erfüllt werden müssten. Dies werde nicht einfach, letztlich aber erfolgreich sein. In der Zypern-Frage wurde der Türkei eine Frist bis zum Dezembergipfel gegeben, um die Häfen für zypriotische Schiffe zu öffnen. Österreichische EU-Parlamentarier forderten unterdessen ein Aussetzen der Verhandlungen und entsprechende Konsequenzen.

Streitpunkt Zypern
Besonders kritisch wird die Weigerung der Türkei, ihre Häfen für Frachter aus Zypern zu öffnen, gesehen. Die Kommission setzte dem Land zur Lösung des Problems eine Frist bis Mitte Dezember. Andernfalls werde sie den Staats- und Regierungschefs Vorschläge für Konsequenzen für die Beitrittsgespräche machen. Die EU-Kommission hatte auch einen Mangel an Meinungsfreiheit in der Türkei kritisiert und dafür auch eine erneute Änderung des Strafrechtes verlangt.

Die Türkei habe die politischen Reformen fortgesetzt, "aber das Tempo hat sich im vergangenen Jahr verlangsamt", kritisiert der EU-Bericht weiter. Verbesserungen müsse es insbesondere bei nicht-moslemischen Glaubensgemeinschaften, Frauen- und Gewerkschaftsrechten, sowie bei der Kontrolle des Militärs geben.

Wenig Chancen auf Vermittlung in Zypern-Frage
Der Präsident der international nicht anerkannten türkischen Republik Nordzypern, Mehmet Ali Talat, räumte unterdessen einer Vermittlung der finnischen EU-Ratspräsidentschaft in der umstrittenen Zypern-Frage keine Chance ein. Die Vorschläge seien von vornherein "unausgewogen" gewesen, sagte Talat im nordzypriotischen Fernsehsender BRT, wie die türkische Nachrichtenagentur Anadolu Ajansi am Mittwoch aus Nikosia (Lefkosia) berichtete.

"Finnland sagt, es sei mit seinen Vorschlägen noch nicht am Ende" , führte der nordzypriotische Präsident aus. "Doch wenn Sie mich fragen, haben diese Vorschläge weder methodisch noch inhaltlich eine Chance auf Realisierung." Talat bekräftigte den Standpunkt, dass das Zypern-Problem nur im Rahmen der UNO und nicht von der EU gelöst werden könne.

Athen und Nikosia begrüßen Bericht
Griechenland und die Republik Zypern haben den von der EU-Kommission vorgelegten Türkei-Fortschrittsbericht begrüßt. Der zypriotische Außenminister, Georgios Lillikas, zeigte sich im zypriotischen Rundfunk zufrieden, dass der Bericht die Weigerung der Türkei dokumentiere, "ihre Verpflichtungen zu erfüllen".

Der berüchtigte Paragraph 301
Auch im Mittelpunkt steht steht der Strafrechtsparagraph 301, der die "Beleidigung des Türkentums " verbietet und der Nobelpreisträger Orhan Pamuk und viele andere Intellektuelle vor Gericht gebracht hat. Gül stellte in Aussicht, dass die Regierung "in Gesetzesform" nacharbeiten werde. "Der Paragraph 301 ist für die Europäer das Wichtigste überhaupt" , sagte der angesehene außenpolitische Kommentator Cengiz Candar. Wenn Ankara bei diesem Thema den Willen zur Nachbesserung zeige, werde dies beim Gipfel den Druck auf die Türkei beim Thema Zypern verringern.

Entscheidung vor Weihnachten
Über eine Aussetzung der seit Oktober 2005 laufenden Beitrittsverhandlungen mit der Türkei müssten die EU-Staats- und Regierungschefs bei ihrem Treffen am 14./15. Dezember in Brüssel einstimmig entscheiden. Die EU hatte der Türkei ursprünglich bis Jahresende Zeit gegeben, das so genannte Ankara-Protokoll zur Ausweitung der Zollunion auf die neuen EU-Staaten umzusetzen. Die Türkei knüpft dies an ein Ende der wirtschaftlichen Isolation Nordzyperns.

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