Der Zerstörer "USS Cole" kreuzt vor dem Libanon. Die Hisbollah sieht darin einen feindseligen Akt. Washington nimmt Syrien ins Visier.
Mit der Entsendung des Kriegsschiffs "USS Cole" in das östliche Mittelmeer haben die USA die Krise im Libanon weiter angeheizt. Die Maßnahme diene "der Unterstützung der regionalen Stabilität", sagte der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates, Gordon Johndroe, am Donnerstag (Ortszeit) in Washington; Präsident George W. Bush sei besorgt über die Spannungen im Libanon. Ein ranghoher Beamter der US-Administration wurde unterdessen mit den Worten zitiert: "Syrien muss aufhören, sich in die inneren Angelegenheiten des Libanon einzumischen." Der US-Generalstab hat die Entsendung von mindestens drei Kriegsschiffen, darunter ein Landungsschiff, bekanntgegeben.
Hisbollah: "Feindseliger Akt"
Die libanesische
Schiiten-Organisation Hisbollah sprach von einem feindseligen Akt. "Wir
sehen uns mit einer amerikanischen Bedrohung gegen den Libanon
konfrontiert", sagte der Hisbollah-Parlamentsabgeordnete Hassan Fadlallah am
Freitag in Beirut. "Dass sie ein Kriegsschiff schicken und mit militärischer
Gewalt drohen, zeigt, dass es der US-Regierung nicht gelungen ist, unserer
Region ihre Politik aufzuzwingen." Die Hisbollah werde sich von dieser
Bedrohung der libanesischen Unabhängigkeit nicht beeindrucken lassen.
Fadlallah rief zugleich Ministerpräsident Fouad Siniora auf, die Entsendung
von US-Kriegsschiffen an die libanesischen Küste ebenfalls zurückzuweisen.
Der höchste geistliche Würdenträger der libanesischen Schiiten,
Großayatollah Scheich Mohammed Hussein Fadlallah, hatte die USA beschuldigt,
den Libanon zu einem amerikanischen Militärstützpunkt machen zu wollen.
Streit um Stützpunktverhandlungen
Die libanesische
Regierung, deren schiitische Mitglieder im November 2006 kollektiv
zurückgetreten waren, hatte energisch dementiert, dass sie mit den USA
Stützpunktverhandlungen führe. Die Hisbollah hatte die 34-tägige israelische
Libanon-Offensive im Sommer 2006 mit der Gefangennahme von zwei israelischen
Soldaten provoziert und 4000 Raketen auf Nordisrael abgefeuert. Die
Hisbollah-Miliz ging aus dem Konflikt mit mehr als 1200 libanesischen und
160 israelischen Toten politisch gestärkt hervor. Nach Einschätzung des
israelischen Militärgeheimdienstes sind die Kapazitäten der Hisbollah jetzt
stärker als vor der israelischen Offensive.
Die "USS Cole" ist ein mit Tomahawk-Marschflugkörpern bestückter Zerstörer, der normalerweise vor der Insel Malta liegt. Das Schiff war im Oktober 2000 im Hafen von Aden im Jemen Ziel eines Al-Kaida zugeschriebenen Sprengstoffanschlags - damals starben 17 Besatzungsmitglieder. Nach Angaben aus Militärkreisen könnte die "Cole" langfristig durch das amphibische Angriffsschiff "USS Nassau" ersetzt werden, das auf dem Weg ins Mittelmeer sei. Die "Nassau" kann Hunderte Marineinfanteristen und Kampfhubschrauber aufnehmen.
USA warnen Syrien
Nach verschiedenen arabischen Medienberichten
sollen die USA Syrien vor "ernsten Konsequenzen" gewarnt haben, falls es
versuche, den Libanon wieder unter seine Kontrolle zu bringen. Als "rote
Linie", die Syrien nicht überschreiten dürfe, gilt demnach die
Unantastbarkeit der Siniora-Regierung, deren Legitimität von der
libanesischen Opposition bestritten wird, weil sie seit dem Austritt der
schiitischen Minister nicht mehr verfassungskonform ist. Der Libanon ist
seit dem Ende der Amtszeit von Präsident Emile Lahoud im November ohne
Staatsoberhaupt. Die Wahl des neuen Präsidenten durch das Parlament wurde -
bereits zum 15. Mal - auf 11. März verschoben. Zwar haben die verfeindeten
Lager der Wahl eines Kompromisskandidaten in der Person des Armeechefs
General Michel Sleimane zum Staatspräsidenten grundsätzlich zugestimmt, doch
verlangt das von Syrien und dem Iran unterstützte Oppositionsbündnis, zu dem
sich die christliche Freie Patriotische Bewegung (CPL) von Ex-General Michel
Aoun und die schiitischen Parteien Hisbollah und Amal zusammengeschlossen
haben, noch vor Durchführung der Wahl ein Abkommen über eine Machtteilung im
Rahmen einer Allparteienregierung. Die Opposition will mit einer
Sperrminorität erreichen, dass sie nicht von der antisyrischen Mehrheit
überstimmt werden kann.
UN-Verband kreuzt vor dem Zedernstaat
Vor der libanesischen
Küste kreuzt seit 2006 ein Marineverband der Vereinten Nationen. Das
Kommando dieses UNIFIL-Flottenverbandes ging am Freitag von Deutschland auf
die aus Italien, Frankreich, Spanien und Portugal gebildete "European
Maritime Force" (Euromarfor) über. Beteiligt sind insgesamt rund 1500
Marinesoldaten der unter italienischem Oberbefehl stehenden, 12.000 Mann
starken "United Nations Interim Force in Lebanon". Insgesamt stellen 28
Staaten UNIFIL-Kontingente. Die 1978 nach dem ersten israelischen
Libanon-Einmarsch gebildete UNO-Friedenstruppe wurde nach dem Krieg im Juli
und August 2006 auf Anordnung des UNO-Sicherheitsrates (Resolution 1701)
erheblich aufgestockt.