Komplizierte Wahl

Welche Chancen haben Clinton und Obama wirklich?

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Es ist nach wie vor ein Kopf an Kopf-Rennen. Obamas Position ist nach Clintons Siegen nicht mehr so stark. Entscheidung fällt in wenigen Wochen.

Die Wähler in den USA machen es den Beobachtern nicht leicht. Auch nach den Vorwahlen am Dienstag ist der Wettstreit der Demokraten Barack Obama und Hillary Clinton um die Präsidentschaftskandidatur unentschieden. Beide sehen sich als Favoriten. Doch welche Chancen haben sie wirklich? Die Frage gibt Anlass, im politischen Kaffeesatz zu lesen und nach Hinweisen auf den weiteren Verlauf der Wahlen zu suchen.

Wer darf sich nun als Sieger fühlen?
Ganz klar Hillary Clinton. Sie hatte eine letzte Chance, und sie hat sie genutzt: Nach zwölf Niederlagen in Folge gegen Obama hätte der Verlust der Bundesstaaten Ohio und Texas das Ende ihrer Kampagne bedeutet. Clinton stoppte Obamas Siegesserie und rettete damit ihre Chancen. Obama verfehlte sein Ziel, die Konkurrentin endgültig aus dem Rennen zu werfen. Für Clinton war es freilich nur ein Etappensieg: Bei der Zahl der Parteitagsdelegierten, die über die Spitzenkandidatur entscheiden, führt weiter Barack Obama.

Wann fällt endlich die Entscheidung?
Frühestens wohl in einigen Wochen. Wenn keiner der beiden Kandidaten vorher freiwillig aufgibt, könnte erst die Vorwahl im großen Staat Pennsylvania am 22. April die Entscheidung bringen. Den Vorwahlen in den kleineren Staaten Wyoming (8. März) und Mississippi (11. März) kommt keine entscheidende Bedeutung zu. Sollte in Pennsylvania keinem der Kandidaten ein K.O.-Schlag gegen den Konkurrenten gelingen, könnten Obama und Clinton ihre Kandidatur bis zum Nominierungsparteitag der Demokraten im September aufrechterhalten, wo dann die Stimmen des Partei-Establishments ("Super-Delegierte") den Ausschlag geben dürften.

Wie stehen Hillary Clintons Chancen?
Nicht ganz so gut, wie ihr Triumph am Dienstag vermuten lässt. Obama hat nach wie vor einen Vorsprung in der Zahl der Parteitagsdelegierten, den Clinton nur durch zweistellige Siege bei den restlichen Vorwahlen aufholen könnte. Die Demokraten werden zunehmend ungeduldig und drängen auf eine Entscheidung der Kandidatenfrage. Denkbar ist, dass Forderungen nach einem freiwilligen Verzicht jenes Kandidaten laut werden, der in der Delegiertenzahl hinten liegt. Clinton muss die Kritiker in der Partei überzeugen, dass sie noch eine echte Chance auf die Kandidatur hat - und auch ihre Spender, die ihren Wahlkampf finanzieren.

Wie stehen Barack Obamas Chancen?
Etwas schlechter als zuvor. Ein Sieg in den großen Staaten Ohio oder Texas hätte sein Prestige gestärkt und seinen Anspruch auf die Favoritenrolle untermauert. Obamas anhaltender Vorsprung in der Delegiertenzahl ist aber ein klarer Vorteil, auch liegt er in USA-weiten Umfragen deutlich vor Clinton. Obama wird in den kommenden Wochen seinen Kampfgeist unter Beweis stellen und der kritischen Prüfung durch Medien und das gegnerische Lager standhalten müssen. Clinton wird alles daran setzen, den Publikumsliebling als unerfahrenen Aufsteiger zu entzaubern. Finanziell hat Obama einen längeren Atem als Clinton, er treibt deutlich mehr Spenden ein.

Auf welche Wähler kommt es an?
Die Unterschiede zwischen Clinton und Obama liegen weniger in den politischen Positionen als in der Zusammensetzung ihrer Anhängerschaft. Beide konnten am Dienstag wieder ihre Stamm-Klientel mobilisieren - und scheiterten beim Versuch, im Wähler-Reservoir des Gegners zu wildern. Clinton bekam wieder viele Stimmen von Frauen, Arbeitern, Geringverdienern und Latinos. Obama konnte sich auf Afroamerikaner, Besserverdiener, jüngere Wähler und parteiungebundene Wähler verlassen. Beide Kontingente halten sich bisher in etwa die Waage. Solle es keinem der beiden gelingen, Stammwähler des anderen in großer Zahl abzuwerben, dürfte das Rennen knapp bleiben.

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