Nach Massaker

Zehntausende bei Trauerzug für Angriffsopfer

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Zehntausende Palästinenser haben mit einem Trauerzug den Zivilisten die letzte Ehre erwiesen, die bei israelischem Artilleriebeschuss getötet worden waren. Bei dem Massaker waren 18 Menschen getötet worden.

Die Toten wurden am Donnerstagmorgen aus Leichenhallen abgeholt und durch die Straßen der Grenzstadt Beit Hanun getragen. Palästinenser sprechen von einem Massaker und einem "schwarzen Tag" ihrer Geschichte. In der Vergangenheit wurden solche Prozessionen immer wieder zu Massendemonstrationen wütender Palästinenser gegen Israel - aufgeheizt durch Bewaffnete, die mit Sturmgewehren in die Luft schießen. Militante Gruppen kündigten bereits Vergeltung an.

Die 18 Opfer sollen auf einem neu angelegten Friedhof beigesetzt werden. Dort markierten Arbeiter zusätzliche Gräber für mögliche weitere Tote. Bei dem Angriff waren 50 Menschen zum Teil schwer verletzt worden. Unter den Toten sind auch 13 Angehörige einer Familie. Sieben Kinder und vier Frauen kamen palästinensischen Angaben zufolge bei dem Artilleriebeschuss ums Leben.

"Technisches Versagen"
"Es war ein technisches Versagen der israelischen Armee", sagte Ministerpräsident Ehud Olmert am Donnerstag. Dass es sich um einen technischen Defekt gehandelt habe, habe er überprüft, erklärte Olmert. "Es war nicht die Politik." Seine Regierung hatte bereits am Mittwoch den Tod der Zivilisten bedauert und eine Untersuchung eingeleitet. Verteidigungsminister Amir Peretz befahl der Armee, bis auf weiteres den Beschuss des Gazastreifens einzustellen.

Israelische Presse gespalten
In der israelischen Presse löste der Zwischenfall ein geteiltes Echo aus. Israel gelte in der Welt als ein Staat, der schnell schieße, hieß es in einem Kommentar des Massenblatts " Yedioth Ahronoth". "Ob es stimmt oder nicht. Fakt ist: So ist unser Ruf."

Ein anderer Kommentator äußerte die Ansicht, der Beschuss der Häuser in Beit Hanun sei kein Fehler, sondern eine Katastrophe gewesen. "Es ist ein bedauerlicher Fehler, wenn man jemandem auf die Füße tritt, aber nicht, wenn man elf Mitglieder einer Familie trifft." In der linksliberalen " Ha'aretz" hieß es: "Diese Gräueltat ist durch nichts zu rechtfertigen."

Dagegen machte der stellvertretende Verteidigungsminister Ephraim Sneh militante Palästinenser moralisch verantwortlich für den Tod der Zivilisten. Sie hätten Zivilisten für ihre Zwecke zynisch als Schutzschilde missbraucht, sagte Sneh der konservativen "Jerusalem Post". Im Massenblatt " Ma'ariv" hieß es, angesichts der auf Israel abgefeuerten Raketen sei die israelische Reaktion geboten gewesen.

Raketen auf Israel
Militante Palästinenser haben am Donnerstag nach den tödlichen israelischen Granatenangriffen im Gaza-Streifen wieder Kassam-Raketen auf israelische Grenzorte abgefeuert. Der israelische Rundfunk meldete, ein Geschoss sei unmittelbar neben einer Religionsschule eingeschlagen. Angesichts zahlreicher Warnungen vor Anschlägen herrschte in ganz Israel erhöhte Alarmbereitschaft.

Die drohenden Reaktionen der Palästinenser haben Befürchtungen geweckt, die regierende Hamas könnte die Selbstmordattentate auf Israel wieder aufnehmen. Die israelischen Sicherheitskräfte wurden deshalb in Alarmbereitschaft versetzt. Die Hamas hatte im März 2005 einen Waffenstillstand verkündet, der Ende des Jahres auslief. Die letzten Selbstmordattentate hatte die Organisation, die sich die Vernichtung Israels auf die Fahnen geschrieben hatte, 2004 verübt.

Bush äußert Bedauern
US-Präsident George W. Bush äußerte unterdessen sein Bedauern über die palästinensischen Opfer. Man habe die israelische Entschuldigung zur Kenntnis genommen und hoffe, dass die angekündigte Untersuchung des Angriffs rasch abgeschlossen werde, hieß es in einer Erklärung des Präsidenten.

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