Nach Gaza-Massaker

Hamas droht Israel und den USA

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Nach einem Massaker an Zivilisten mit 19 Toten durch Israel droht die Lage zu eskalieren: Die Hamas erklärt den Frieden für beendet und droht Israel und den USA.

Die folgenschwersten israelischen Granatangriffe im Gaza-Streifen seit Jahren haben die Lage in Nahost am Mittwoch dramatisch verschärft. Die radikal-islamische Regierungspartei Hamas rief Moslems und Araber zu Anschlägen auf US-Einrichtungen im Nahen Osten auf. Der als gemäßigt geltende Sprecher der Hamas-Regierung, Ghazi Hamad, meinte gar "Israel muss ausgelöscht werden ".

Ein ranghoher Hamas-Führer gab zudem Grünes Licht für eine Wiederaufnahme der Selbstmordanschläge in Israel, die die Hamas vor 20 Monaten eingestellt hatte. "Der bewaffnete Kampf werde wieder aufgenommen", sagte der politische Führer der Organisation, Khaled Meshaal, am Mittwoch in Damaskus. " Wir prangern dieses Massaker an. Wir prangern es nicht nur mit Worten, sondern auch mit Taten an. Der Widerstand handelt und redet nicht," sagte der Hamas-Führer.

Großfamilie ausgelöscht
Unter den Todesopfern bei dem Angriff waren mindestens vier Frauen und bis zu acht Kinder. Der palästinensische Präsident Mahmoud Abbas verurteilte den Angriff in der Nähe von Beit Hanoun als "schreckliches Massaker der Besatzungsmacht an unseren Kindern, Frauen und Alten". Die Regierung rief eine dreitägige Trauerzeit aus. Die Palästinenserführung forderte zudem eine Dringlichkeitssitzung des UNO-Sicherheitsrates. In der Stadt Gaza versuchten Schüler, eine leere Vertretung der EU zu stürmen. Sie warfen mit Steinen und Flaschen. Palästinensische Polizisten hinderten sie daran, in das Gebäude einzudringen.

Regierungsgespräche Hamas-Fatah ausgesetzt
Nach einer Krisensitzung erklärte der palästinensische Premier Ismail Haniyeh die Gespräche über die Bildung einer Regierung der nationalen Einheit für ausgesetzt. Dies sei ein Zeichen des "Protestes gegen dieses schreckliche Massaker", sagte Haniyeh. Erst am Montag hatten sich die radikale Hamas und Abbas' gemäßigte Fatah auf eine Wiederaufnahme der Gespräche zur Bildung einer gemeinsamen Regierung geeinigt. "Wir haben das Recht auf Selbstverteidigung", sagte der Ministerpräsident.

Peretz stoppt Artillerieangriffe
Der israelische Verteidigungsminister Amir Peretz ordnete an, bis zum Abschluss einer Untersuchung alle Artillerieangriffe auf den Gaza-Streifen einzustellen. Regierungssprecherin Miri Eisin erklärte, dass sich Israel seiner Verantwortung stellen werde, falls Fehler gemacht worden seien. Die Offensive gegen palästinensische Extremisten und Raketenangriffe im Gaza-Streifen werde aber weitergeführt. Beit Hanoun stand in den vergangenen Tagen im Mittelpunkt einer israelischen Offensive, bei der in einer Woche etwa 50 Palästinenser getötet wurden, zumeist Mitglieder militanter Organisationen.

Panzerangriff löscht Großfamilie aus
Mittwoch früh waren innerhalb von 15 Minuten fünf Panzergranaten in einem Wohngebiet nördlich der Stadt Beit Hanoun eingeschlagen, wie palästinensische Polizisten mitteilten. Die getroffenen Häuser gehörten einer Großfamilie, zu der 13 der 18 Toten zählten. Vor der Kamal-Adwan-Klinik im nördlichen Gaza-Streifen versammelten sich mehrere tausend Palästinenser und riefen nach Rache.

Angesichts der seit einer Woche anhaltenden schweren Angriffe der israelischen Armee riefen sowohl ein Sprecher der Hamas als auch ein Sprecher der Fatah-Bewegung zur Wiederaufnahme von Selbstmordattentaten in Israel auf. "Wir rufen unsere Kämpfer in Tel Aviv, Jerusalem, Haifa, Jaffa und überall sonst zu Märtyrer-Aktionen auf", sagte der Hamas-Vertreter Nizar Rayan bei einer Demonstration in Beit Lahiya nahe Beit Hanoun. Auch Fatah-Sprecher Jamal Obeid rief zu neuen Selbstmordattentaten auf.

Weitere Tote im Westjordanland
Bei einer Schießerei mit Soldaten wurde unterdessen ein 19-jähriger Palästinenser getötet. In Jenin im Westjordanland starben nach Angaben palästinensischer Ärzte fünf Palästinenser bei einem israelischen Angriff.

Islamische Staaten werfen Israel "Staatsterrorismus" vor
Die islamischen Staaten haben die jüngsten israelischen Angriffe in den Palästinensergebieten mit mehr als 20 Toten scharf verurteilt. In einer Erklärung der Organisation der Islamischen Konferenz (OIC), die am Mittwoch im saudiarabischen Jeddah veröffentlicht wurde, hieß es, Israel mache sich des "Staatsterrorismus" schuldig.

UNO soll Zivilbevölkerung schützen
Besonders schlimm sei, dass bei den Angriffen im Gaza-Streifen und im Westjordanland viele Kinder getötet worden seien. Der UNO-Sicherheitsrat müsse dringend Maßnahmen zum Schutz der palästinensischen Zivilbevölkerung ergreifen, forderte die OIC, der 57 Staaten angehören.

Israel bekräftigt Recht auf Verteidigung
Die israelische Außenministerin Tzipi Livni hat nach dem Tod von mindestens 24 Palästinensern bei Militäreinsätzen ein Recht ihres Staates zur Verteidigung seiner Bürger bekräftigt. Nach dem Abzug Israels aus dem Gaza-Streifen hätten die Palästinenser eine Möglichkeit nicht genützt, Terrorismus selbst zu kontrollieren und das Leben zu entwickeln, sagte Livni am Mittwoch bei einem Treffen mit dem norwegischen Außenminister Jonas Gahr Stoere. Israel verteidige seine Bürger gegen palästinensische Raketenangriffe. " Leider gibt es im Verlauf eines Kampfes bedauerliche Zwischenfälle wie am heutigen Morgen", sagte Liwni einer Regierungsmitteilung zufolge.

EU über Tod Unschuldiger schockiert
Die EU-Kommission hat schockiert auf den Tod von zahlreichen Palästinensern nach einem israelischen Angriff reagiert. EU-Außenkommissarin Benita Ferrero-Waldner sagte am Mittwoch in Brüssel: "Israel hat das Recht auf Selbstverteidigung, aber nicht um den Preis des Lebens Unschuldiger."

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