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Die Ex-Aufsichtsräte wurden offenbar hinters Licht geführt

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Der Vorstand hatte die Möglichkeit eines Totalverlust negiert und den Aufsichtsrat nicht über die Verluste informiert.

Im BAWAG-Prozess sind am Mittwoch, dem 33. Verhandlungstag, fünf Zeugen geladen. Den Anfang machte Herbert Tumpel, seit 1997 Präsident der Arbeiterkammer und davor Aufsichtsratspräsident der BAWAG. Unter seiner Ägide war 1995 die Wiederaufnahme der Karibik-Geschäfte der Bank mit dem Investmentbanker Wolfgang Flöttl beschlossen worden.

Tumpel ist mit der früheren Nationalbank-Vizegouverneurin Gertrude Tumpel-Gugerell verheiratet, die am Montag als Zeugin befragt wurde.

Karibik 1
Zunächst wurde Tumpel zu den "Karibik 1"-Geschäften der BAWAG mit Wolfgang Flöttl bis zum Jahr 1994 befragt. Dazu erklärte er, gar nicht gewusst zu haben, dass es sich um Geschäfte mit dem Sohn des damaligen Generaldirektors Walter Flöttl handelte. Als er das erfahren habe, habe er Walter Flöttl gebeten, das dem ganzen Aufsichtsrat mitzuteilen, so der AK-Chef. Als Konsequenz seien Meldepflichten für den Vorstand eingeführt worden.

Karibik 2
Bei der Wiederaufnahme der "Sondergeschäfte" 1995 habe der Vorstand dem Aufsichtsrat zugesichert, das Risiko im Auge zu behalten und sich an die Empfehlungen von OeNB und Bankenaufsicht zu halten. Dem Aufsichtsrat wurde gesagt, "dass die BAWAG Kredite an die Firmengruppe von Flöttl vergibt und diese Kredite besichert sind". Flöttl habe sich laut Vorstandsangaben zu einer 120-prozentigen Überdeckung und einer "Nachschusspflicht" bei allfälligen Verlusten verpflichtet.

Dem Aufsichtsrat sei weiters erklärt worden, dass die Frage eines Totalverlusts nicht eintreten kann.

Laut Tumpel wurde dem Aufsichtsrat verheimlicht, dass zuerst der betroffene Broker das Zugriffsrecht auf das Flöttl-Vermögen gehabt hat, und dass BAWAG-Chef Helmut Elsner auf monatliche Depotauszüge verzichtet hatte. Er wäre damit "sicherlich nicht einverstanden gewesen", bekräftigte Tumpel.

Außerdem habe sich der Vorstand verpflichtet, bei Ausweitung des Geschäftsvolumens vorab den Aufsichtsrat zu informieren und genehmigung einzuholen. "Die Art und Weise der Geschäfte sollte so vorgenommen werden, dass eine Risikoverteilung, eine Streuung gegeben ist", sagte Tumpel.

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Laut Zwettler ist Flöttl schuld
Ex-BAWAG-Vorstand Johann Zwettler beklagte, "Flöttl und nicht die BAWAG" habe bei den Spekulationen ausschließlich auf den fallenden Yen gesetzt und damit den Totalverlust im Oktober 1998 verursacht.

"Serviette für einen Elefanten"
Der frühere BAWAG-Aufsichtsrat, Metallergewerkschaftschef Erich Foglar, kritisierte die Verheimlichung der Verluste vor dem Aufsichtsrat. "Das Verschweigen ist für mich so, wie wenn ich einen Elefanten mit einer Serviette zudecke, und mich hinterher wundere, dass noch ein Zipferl rausschaut", so Foglar bei seiner Befragung.

Dadurch sei es erst möglich gewesen, "dass man wie im Casino weiterspielt". Der erste Totalverlust im Oktober 1998 von 640 Mio. Dollar wäre sicher leichter zu beheben gewesen, als der Ende 2000 vorliegende Gesamtverlust von 1,44 Mrd. Euro, meinte Foglar.

Foglar hätte Vorstand ausgetauscht
Wenn der Aufsichtsrat gesetzeskonform informiert worden wäre, hätte er sicher eine genaue Prüfung verlangt und dann die Ergebnisse analysiert. "Ich gehe davon aus, dass nicht dieser Vorstand das Problem gelöst hätte, sondern ein anderer", sagte der Gewerkschafter.

Insbesondere die Reaktion des damaligen ÖGB-Präsidenten Fritz Verzetnitsch verstehe er gar nicht, die BAWAG sei immer der größte Wert des ÖGB und seiner 1,3 Millionen Mitglieder gewesen.

Foglar bestätigte, dass sich Flöttl laut Vorstandsangaben zu einer 120-prozentigen Überdeckung und einer "Nachschusspflicht" bei allfälligen Verlusten verpflichtet habe.

Im Herbst 1998 wurden im Aufsichtsrat Investitionen in japanische Staatsanleihen bewilligt. Dem Kontrollorgan waren diese Geschäfte aber unter dem Deckmantel von "karitativen Einrichtungen" verklickert worden. Dass dahinter in Wahrheit Flöttl stecke, habe der Aufsichtsrat nicht gewusst.

Weitere Zeugen am Mittwoch:
Weiters am Mittwoch in den Zeugenstand geladen sind: Ex-BAWAG-Aufsichtsrat Eduard Aschenbrenner von der Gewerkschaft der Gemeindebediensteten, Brigitte Jakubovits, vom Betriebsrat entsandte BAWAG-Aufsichtsrätin, sowie Josef Cerny, pensionierter Direktor der Arbeiterkammer Wien und auch ehemaliger BAWAG-Aufsichtsrat.

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