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ÖBB-Chef denkt nicht an Rücktritt

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ÖBB-Boss Huber denkt nicht an einen Rücktritt. Zuvor dachten aber Gorbach und SPÖ laut über seine Ablöse nach. Der Aufsichtsrat feuerte Vorstandsmitglied Zimmermann. Dieser könnte aber auch nach seiner Abberufung noch 150.000 Euro kassieren.

Nach der sofortigen Kündigung des Vorstandsvertrags von ÖBB-Infrastrukturdirektor Alfred Zimmermann hat ÖBB-Holding-Chef Martin Huber am Mittwoch auch die Einleitung eines Disziplinarverfahrens angekündigt. Zimmermann ist vom Dienst suspendiert worden, ob eine Entlassung folgt, muss nach dem ÖBB-Dienstrecht jetzt die Disziplinarkommission entscheiden.

Die Vorwürfe gegen Zimmermann
Zimmermann wird im Zusammenhang mit der Anschaffung eines Waggon-Scan-Gerätes aus China die Umgehung des Aufsichtsrates vorgeworfen. In Verbindung mit den mittlerweile gestoppten Iran-Geschäften lautet der Vorwurf darüber hinaus auf Verletzung der Aufsichtspflicht. Drittens wird Zimmermann vorgeworfen, bei der Beauftragung einer Beratungsfirma bewusst Konzernregeln umgangen zu haben.

Ein Mitarbeiter, der später im Unternehmen für ein Jahresgehalt von 80.000 Euro angestellt wurde, sei zuvor über eine Beratungsfirma namens Sun Consult für sechs Monate um 137.000 Euro angemietet worden, obwohl er sich vom Beginn weg direkt bei den ÖBB beworben hätte.

150.000 Euro nach Abberufung
Wie ÖSTERREICH in seiner Donnerstag-Ausgabe berichtet, hat sich der entlassene ÖBB-Infrastrukturvorstand Alfred Zimmermann selbst per eigener Vorstandsweisung noch einen alten Eisenbahner-Vertrag (nach deren Abschaffung) mit Definitivstellung geben lassen. Damit würde er nach der Abberufung als Vorstand noch 150.000 Euro jährlich verdienen, wenn die Disziplinarkommission die Entlassung nicht akzeptiert. Zimmermann will "mit allen rechtlichen Schritten vorgehen“.

Der ÖBB-Manager wird seinen Vertrag (bis 2009) nicht abgelöst bekommen. Bei Entzug des Vertrauens (bei Zimmermann passiert) stehen Bahn-Vorständen nur sechs Monatsgehälter zu.

Zimmermann soll zudem seine Frau, die er als Sekretärin in den ÖBB kennen lernte, nach der Heirat auf einen Posten der Stufe 9A gehoben haben. Das Gehalt: 9.500 Euro brutto im Monat. Vor etwa eineinhalb Jahren ging Frau Zimmermann mit 6.000 Euro monatlich in Pension.

Image-Schaden
Dem ÖBB-Konzern sei durch die Vorgänge ein "gewaltiger Imageschaden im In- und Ausland" entstanden. Alle Auslandsprojekte seien gestoppt. Nach derzeitigem Wissensstand seien das elf Projekte, nicht nur im Iran, sondern u.a. auch in Jordanien. Zusätzlich habe sich auch ein wirtschaftlicher Schaden ergeben. Die Gesamtkosten des Scanners, sollte er auch aufgestellt werden, würden über fünf Mio. Euro betragen, so Huber. Der Konzern prüfe, ob ein Ausstieg aus den Verträgen mit China möglich sei.

Weitere Personen auf Abschussliste
Der Holding-Vorstand kündigte außerdem weitere personelle Konsequenzen an. Auch gegen den früheren Geschäftsführer der ÖBB-Beratungstochter ARCC, Alexius Vogel, der die Verträge unterschrieben hat und bereits suspendiert ist, soll nächste Woche ein Disziplinarverfahren eingeleitet werden. Konsequenzen drohen auch für Alfred Lutschinger, derzeit Prokurist in der ÖBB Infrastruktur Betrieb AG, der den Kaufvertrag zum Ankauf des Scan-Gerätes mit unterschrieben hat. Laut Huber werden die Vorstände der Betrieb AG über Konsequenzen entscheiden, eine Aberkennung der Prokura für Lutschinger schloss Huber nicht aus.

Ablösung Hubers stand im Raum
Infrastrukturminister Hubert Gorbach (BZÖ) schoss auch gegen ÖBB-Chef Huber scharf. Vor allem der Konflikt um den Bau des Kroralm-Tunnels sorgte für böses Blut. Eine Ablösung Hubers sei möglich. Gorbach zu ÖSTERREICH: "Das steht natürlich im Raum. Insbesondere wenn Huber bestehende Verträge, auf denen meine Unterschrift ist, in Frage stellt. So etwas tut man nicht.“

Kärntner Orden für Gorbach
Doch nachdem Huber erklärt hatte, dass das 4 Milliarden teure Projekt Koralmtunnel, nicht verschoben werden würde scheint Gorbach wieder besänftigt zu sein. Von seinem Partei-Freund Haider bekam der Infrastrukturminister dann gleich einen Orden verliehen. "Ohne Gorbach und die von ihm zur Verfügung gestellten Mittel des Bundes wären zahlreiche Projekte nicht möglich gewesen", begründete der Kärntner Landeshauptmann die Ordensverleihung.

Auch SPÖ fordert Huber-Ablöse
Zimmermanns Ablöse könne nur ein "erster kleiner Schritt" sein. Auch ÖBB-Holding-Vorstand Martin Huber müsse abgelöst werden. Das sei "ein Gebot der Stunde", erklärte einer in der SPÖ, der sich sonst selten zu Bahn-Themen äußert, nämlich Justizsprecher Hannes Jarolim.

Finanzierung fehlt noch immer
Bei mehr als der Hälfte aller in den nächsten Jahren geplanten Projekten ist die Finanzierung nur zum Teil oder gar nicht gesichert. Derzeit gilt für den Bahnausbau in den nächsten Jahren ein Bundeshaftungsrahmen von 1,3 bis 1,4 Mrd. Euro - im langjährigen Schnitt soll die Bundeshaftung auf 1,2 Mrd. Euro sinken.

Wenn die Mittel nicht erhöht würden, müssten Projekte verschoben, gestoppt oder aus den jetzigen Planungen bis 2012 hinausgeschoben werden. "Und da sind namhafte Projekte dabei", warnte Huber. Um alle Vorhaben wie geplant durchzubringen, bräuchten die ÖBB 300 Mio. Euro mehr pro Jahr. Welche Projekte gefährdet wären, wenn das Geld nicht kommt, darauf wollte sich Huber einmal mehr nicht festlegen. Man werde dem Finanz- und dem Verkehrsminister in den nächsten Tagen Szenarien vorlegen, die die Ausgaben an das jeweilige Budget anpassen.

ÖBB-Bewertung
Die ÖBB hatte in einem Papier aus betrieblicher Sicht auch die Notwendigkeit der laufenden und künftigen Projekte bewertet. Schon im Vorfeld hat das für heftige Aufregung in der Politik gesorgt, weil die schon immer umstrittene Koralmbahn zwischen Graz und Klagenfurt dabei besonders schlecht abgeschnitten hat.

Westbahn-Abschnitt verschoben
Zum Großteil auf nach 2012 verschoben werden sollen dagegen laut internem Papier Investitionen auf der Westbahn im Abschnitt Linz-Wels. Rund 150 Mio. Euro sollen erst in der nächsten Periode in den Ausbau des Teilabschnitts fließen. Nie wirklich prioritär war für die ÖBB die Güterzugumfahrung St. Pölten, dort soll laut neuem Plan jetzt auch noch 2014 gebaut werden. Verzögerungen wird es voraussichtlich wegen Geldmangels ebenso im Unterinntal geben.

Kein Ausbau von Wien-Bratislava
Verschoben wird auch die Pottendorferlinie von Wien über Inzersdorf nach Wiener Neustadt. Laut Rahmenplan wollen die ÖBB in diese Verbindung, die die Südbahn entlasten soll, jetzt erst ab 2010 signifikant investieren - ebenso wie in die Götzendorfer Spange durch die östlich der Donau eine neue Schnellverbindung zwischen Wien und Bratislava geschaffen werden soll. Der Ausbau der südliche Anbindung Bratislavas über Kitsee ist im Plan praktisch überhaupt nicht vorgesehen.

Keine Priorität hat für die ÖBB auch der Ausbau der Summerauer Bahn von Linz Richtung Tschechien. Dort soll das Geld erst 2011 fließen. Ebenso soll auch der Ausbau der Verbindungen Graz-Gleisdorf und Graz-Spielfeld gestreckt werden. Beide Verbindungen werden nach dem neuen Rahmenplan nicht mehr vor 2013 fertiggestellt.

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