Opernkritik

Riesenerfolg für Cardillac

Teilen

Exzellent: Viel Jubel für die glänzende Staatsopern-Premiere.

Es wäre ein großer Verlust, würde uns der Opernregisseur Sven-Eric Bechtolf in Salzburg abhanden kommen. Er droht, als Schauspielchef der Festspiele nur noch für eine Inszenierung pro Jahr Zeit zu finden. Das darf nicht sein. Nachdem wir sein szenisches Meisterstück, Cardillac, gesehen haben, wollen wir mehr vom Gleichen. Denn Bechtolfs Arbeiten sind eine Summe aus Fantasie, Verantwortungsgefühl, Überzeugungskraft und handwerklicher Genauigkeit.

Paul Hindemiths Cardillac mischt musikalisch Neobarock mit Sachlichkeit. Das Libretto verbietet Realismus, zeichnet Einzeltypen, aber keine Charaktere, lässt den Chor anteilnehmend kommentieren. Die Story vom Goldschmied, der zum Mörder wird, weil er sich von seinen Kunstwerken nicht trennen kann, kommt zwar aus der Romantik, ist hier jedoch expressionistisch erzählt.

Unbegreiflich: "Cardillac" nur noch viermal zu sehen
In Bechtolfs Inszenierung sind Pantomime und Stummfilm-Effekte, Puppenhaftes und intensive Massenszenen ideal miteinander verbunden, begünstigt durch eine grandios vereinfachende Ausstattung (Rolf und Marianne Glittenberg).

Perfekt auch die musikalische Realisierung. Exzellente Singschauspieler (Juha Uusitalo in der Titelrolle, Juliane Banse und Ildikó Raimondi, Herbert Lippert, Matthias Klink und Tomasz Konieczny), der fabelhaft studierte Chor, die vielfach solistisch eingesetzten Mitglieder des Kammerorchesters haben eine Selbstverständlichkeit erreicht, die Kompliziertes einfach erscheinen lässt. Auch ein Verdienst des souverän disponierenden Dirigenten Franz Welser-Möst.

Verschwendung
Cardillac stand in der Ära Holender im Repertoire, erlebte in den neunziger Jahren 15 Aufführungen. Dass die jetzige Neuinszenierung bis Ende Oktober noch viermal gezeigt wird und dann bis Saisonschluss nicht mehr auf dem Spielplan steht, bedeutet Verschwendung geleisteter Arbeit und ist unbegreiflich.

Fehler im Artikel gefunden? Jetzt melden.
OE24 Logo