ÖSTERREICH-Interview

Tibor Foco will sich der Justiz stellen

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Der bekannteste Justizflüchtling Österreichs will nach 13 Jahren auf der Flucht endlich nach Hause und seine Unschuld beweisen.

Seit mehr als zwei Jahrzehnten beschäftigt er die Justiz, seit 1995 narrt er die Zielfahnder des Bundeskriminalamts. Jetzt reicht’s. Mit 52 Jahren will Tibor Foco, Nummer 1 auf der „Most Wanted“-Liste der heimischen Polizei, reinen Tisch machen und sich freiwaschen vom Verdacht, ein Mörder zu sein.

Foco meldet sich
Diese Woche meldete sich der prominenteste Justizflüchtling völlig überraschend in der ÖSTERREICH-Redaktion – und kündigte telefonisch an: „Nach 13 Jahren auf der Flucht möchte ich heim und werde mich im Jänner oder Februar der Justiz stellen, um endlich meine Unschuld zu beweisen.“ Nachsatz: „Es ist Zeit, Ruhe zu finden und mein Leben zu ordnen.“

So könnte Foco heute aussehen:

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© Innenministerium

Computeranimationen des Bundeskriminalamts

Filmreifer Prozess
Der frühere Bordellbesitzer Foco hat das ihm angelastete Blutverbrechen an der Prostituierten Elfi Hochgatterer stets bestritten. Fakt ist: Sein Mordprozess 1987 war skandalös: Die Polizei manipulierte Beweismaterial. Der Chefermittler heiratete Focos Ex-Frau. Die Bardame Regina Ungar, der Foco bei den Schüssen die Hand geführt haben soll, trat als Kronzeugin gegen ihn auf – und gestand später: „Ich habe unter Druck der Kripo gelogen.“ Schließlich forderten die Geschworenen, die Foco schuldig gesprochen hatten, eine Neuaufnahme des Verfahrens.

Focos Wunsch an die Justiz
Bis zu seiner Flucht saß Foco acht Jahre in Haft – und will nie mehr in eine Zelle zurück. Deshalb hat er an die Justiz mehrere Wünsche: „Ich möchte freies Geleit, das mir ja schon einmal zugesichert wurde – bin aber gerne bereit, bis zum Prozess elektronische Fußfesseln zu tragen. Und ich möchte einen Prozess in Wien, weil ich in Linz kein faires Verfahren bekomme.“

DNA soll Unschuld beweisen
An seinem Freispruch zweifelt Tibor Foco nicht: „Die Kriminaltechnik hat Fortschritte gemacht. DNA-Spuren können jetzt meine Unschuld beweisen.“

Über seine Flucht
Gleich beim ersten Kontakt mit ÖSTERREICH bot Tibor Foco Handfestes an: einen DNA-Beweis für die Polizei – um klarzustellen, dass er tatsächlich der weltweit gesuchte Justizflüchtling ist. Dann erzählte er die ersten Details seiner Flucht, über die Polizei und Medien seit Jahren rätseln.

Speckbauch und SchönheitsOP
Um seinen Wächtern zu entkommen, hatten ihm Helfer ein Motorrad (Kawasaki GPX) bereitgestellt. Damit flüchtete Foco nach Ungarn, der Heimat seines Vaters, wo er sich sofort bei einer Schönheitsoperation verräterische Muttermale im Gesicht entfernen ließ. Dann futterte er sich 15 Kilo auf die Hüften, um einem Bekannten ähnlich zu sehen, mit dessen Papieren er sich eine neue Identität zulegte. Acht Monate später – gesteht Foco ÖSTERREICH – sei er „in den pazifischen Raum“ abgetaucht.

Bergmann auf der Insel
Rund 20 Flugstunden von der Heimat entfernt, schlug sich Foco anfangs auf einer Pazifik-Insel als Bergmann durch und schürfte nach Edelsteinen. Heute ist er Truck-Fahrer von Beruf – und privat glücklicher Familienvater. Denn auf der Flucht fand er seine große Liebe, die ihn geheiratet und ihm zwei Kinder geschenkt hat.

Heimatkontakte
Der Kontakt zur Heimat ist auch in 13 Jahren nicht abgebrochen. Foco verfolgt das Geschehen in Österreich via Internet und kommentiert: „So einen Anwalt wie der Flöttl im Bawag-Prozess hätte ich auch gebraucht.“ Infos über seine Eltern holt er bei einer Bekannten in Oberösterreich ein – per Internet.

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© bildagentur www.funkbild.at

Focos Eltern (c) bildagentur www.funkbild.at

Der Kriminalfall Foco: Kopfschuss für Barfrau
Österreichs berühmtester Justizflüchtling soll 1986 eine Prostituierte erschossen haben. Er beteuerte immer seine Unschuld.

  • Der Mord. Am 13. März 1986 wird nahe der Westbahn in Linz die Prostituierte Elfi Hochgatterer erschossen aufgefunden. Die Spuren führen die Polizei zu Tibor Foco, damals 30, Ex-Motorradrennfahrer und nach seiner Karriere im Rotlichtmilieu aktiv.
  • Der Prozess. Am 31. März 1987 wird Foco, der stets seine Unschuld beteuert, zu lebenslanger Haft verurteilt. Schon bald aber kommen heftige Zweifel am Urteil auf. Geschworene bekennen öffentlich, sie seien durch gefälschte Beweismittel irregeführt, überdies von Ermittlern gelenkt und getäuscht worden. Auch Kronzeugin Regina Ungar widerruft ihre belastende Aussage gegen Foco. Der beginnt, in der Haft Jus zu studieren, um seine Verurteilung zu bekämpfen.
  • Die Flucht. Am 27. April 1995 gelingt Tibor Foco während eines Studienausgangs an der Johannes Kepler Universität in Linz die Flucht. Foco verschwindet spurlos. Seither ist er Österreichs meistgesuchter Justizflüchtling.
  • Neue Anklage. 1997 wurde das Urteil gegen Foco aufgehoben. Im Jahr 2000 klagte ihn die Staatsanwaltschaft erneut wegen Mordes an. Jetzt will er sich dem Verfahren stellen. Für Tibor Foco gilt die Unschuldsvermutung.

Foto vom Prozess: (c) APA

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