NGOs kritisieren "Lagerarrest"

Aufstand gegen Fremdenrecht

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Das neue Fremdenrecht sorgt für hitzige Debatten im Parlament.

Heute, Freitag, soll das Paket beschlossen werden. FPÖ, BZÖ und Grüne sind aus unterschiedlichen Gründen dagegen. Zu einem richtigen Aufstand kam es in der SPÖ: Die oberösterreichischen Abgeordneten ließen offen, ob sie für die Novelle stimmen. Auch in der Wiener und der Tiroler Landesgruppe hagelte es Kritik (siehe unten).

Flüchtlinge: Sieben Tage Haft nach der Ankunft
Die Abgeordneten und NGOs lehnen sich vor allem gegen diese Neuerungen auf:

  • Größter Stein des Anstoßes ist die sogenannte Mitwirkungspflicht der Asylwerber. Flüchtlinge dürfen nach ihrer Ankunft im Erstaufnahmezentrum dieses bis zu sieben Tage nicht verlassen. Einen „Lagerarrest“ nennt SOS Mitmensch diese Maßnahme. Caritas-Präsident Franz Küberl kritisiert: „Das ist eine gefängnisartige Anhaltung. Was dort in sieben Tagen getan wird, muss auch in einem Tag zu schaffen sein.“
  • Die Befürchtung, dass sehr viele Asylwerber in den ersten Tage untertauchen, teilt die Grüne Menschenrechtssprecherin Alev Korun nicht: „Das ist durch keine Zahlen belegt. Das Innenministerium ist daran so wenig interessiert, dass es diese Zahlen bisher nicht einmal ermittelt hat.“
  • Weiterer Kritikpunkt: Die Schubhaft-Dauer wird von zwei auf vier Monate angehoben. „Die Schubhaft wird immer mehr zu einer Strafhaft für Ausländer“, sagt Küberl.
  • Auch Kinder können – trotz herzzerreißender Szenen wie der Festnahme der Komani-Zwillinge – nach wie vor in Schubhaft genommen werden. Flüchtlingshelferin Ute Bock kritisiert: „Jeder, der so behandelt wird wie bei uns, geht normalerweise sofort zurück. Nur diese Menschen können eben nicht mehr zurückgehen.“
  • Die Grünen haben errechnet, dass durch längere Schubhaft Mehrkosten von 41 Millionen Euro pro Jahr anfallen, selbst wenn nicht mehr Menschen als bisher in Schubhaft genommen werden.
  • Auch das Thema Deutsch lernen erhitzt die Gemüter. Bereits vor der Einreise müssen Zuwanderer Grundkenntnisse mitbringen. „Eine unüberwindbare Hürde“, kritisiert SOS Mitmensch. Gute Deutschkenntnisse müssen in Zukunft schneller als bisher erlernt werden. „Bei uns gibt es nicht einmal flächendeckend Sprachkurse“, kritisiert Korun.

„Gesetz entspricht nicht den Menschenrechten“
Bis zu 3.000 Menschen sind am Mittwochabend gegen das Fremdenrechtspaket bei strömendem Regen auf die Straße gegangen. Motto: „Das ist nicht unser Gesetz.“ Küberl: „Dieses Paket besteht den menschenrechtlichen Elchtest nicht.“

Widerstand in der SPÖ

Wenn heute im Parlament das neue Fremdenrechtspaket beschlossen wird, könnten einige SP-Mandatare den Saal verlassen. SPÖ-Abgeordnete Sonja Ablinger hat gar angekündigt, dass sie gegen das Paket stimmen könnte.
Offensiv rebellieren will offiziell aber keiner, um „die SPÖ nicht in eine Krise zu stürzen“. Dennoch ist man hinter den Kulissen in drei roten Länderorganisationen pikiert über die Verschärfungen.

Wiens mächtiger SPÖ-Bürgermeister Michael Häupl hält sich zwar offiziell bedeckt, Häupl-Kenner berichten aber, dass er „reichlich wenig von einigen der neuen Regelungen“ halte. Seine Integrations-Stadträtin, Sandra Frauenberger, erklärt denn auch, dass die neuen Regelungen – etwa Deutsch vor Zuzug – der „Integration eher schaden“.

Oberösterreichs SP-Chef Josef Ackerl geht im ÖSTERREICH-Gespräch mit dem Paket ebenfalls hart ins Gericht: „Ich halte die neuen Regelungen für Asyl und Nachzug für entbehrlich. Diese Verschärfungen sind falsch und bringen uns auch politisch nichts. Die ÖVP macht Unsicherheitsgesetze und die SPÖ-Verhandler hüpfen dem auch noch nach.“

Die SPÖ-Oberösterreich lehne die Neuerungen daher auch ab. Ähnliches hört man aus der SPÖ in Tirol.

(knd)

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