Geheimdienst-Krimi

BVT-Affäre: U-Ausschuss fix

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Koalition plant als »Rache« Ausschuss gegen Doskozil

Ermittlungen im Verfassungsschutz BVT und gegen dessen Chef Peter Gridling, Dossiers über nordkoreanische Reisepässe und angebliche Sex-Übergriffe — und im Februar eine von hohen FPÖ-Beamten orchestrierte Razzia im wichtigsten Geheimdienst: Das sind nicht die Zutaten in einem Agenten-Thriller – das spielt sich im heimischen Innenministerium im Jahr 2018 ab.

Rechtmäßig. Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) und sein Generalsekretär Peter Goldgruber beteuern zwar, dass alles rechtmäßig ablaufe und es nicht um parteipolitische Umfärbungen gehe. Der Opposition reicht es aber: Am Montag muss Kickl noch im Nationalrat und im Nationalen Sicherheitsrat (NSR) Rede und Antwort stehen – spätestens am Mittwoch werden die Oppositionsparteien aber den U-Ausschuss einsetzen.

Rache. Doch die Koalition schießt zurück: Vor allem aus der ÖVP ist zu hören, dass es einen zweiten U-Ausschuss geben wird, und zwar zu den Eurofightern. „Davon können Sie ausgehen“, so ein ÖVP-Grande am Samstag zu ÖSTERREICH. Die SPÖ habe panische Angst, dass der frühere rote Heeresminister Hans Peter Doskozil ins ­Visier genommen werden könnte. „Praktischer Nebeneffekt“ für die Koalition: Bei zwei Ausschüssen wäre das Parlament überlastet, zudem könnten Eurofighter-Enthüllungen vom BVT ablenken.

Wenn das nur klappt: Denn dass der Justiz, die ja die Ermittlungen gegen Gridling und Co. führt, die Sache schön langsam zu heiß wird, zeigt ein ORF-Radiointerview mit Justiz-Generalsekretär Christian Pilnacek, der die Ermittlungen ja stets verteidigt hatte: „Im Rückblick hätte ich sicher nach Methoden gesucht, die dieses Aufsehen vermieden hätten“, sagte er über die Razzia.

Es geht um Daten der 
Grünen Sigrid Maurer

Und noch eine kleine Bombe ließ Pilnacek platzen: Er bestätigte, dass es bei den Ermittlungen um Daten einerseits des SPÖ-nahen Anwalt Gabriel Lansky, andererseits der Ex-ÖH-Vorsitzenden und späteren Grünen-Abgeordneten Sigrid Maurer geht. Und hier wird es absurd: Dass das BVT Daten Maurers nicht gelöscht hatte, ist seit 2010 bekannt. Dafür hatte sich die damalige Innenministerin Johanna Mikl-Leitner bei Maurer entschuldigt. (gü)

Pilz: »FPÖ versucht jetzt, den Verfassungs-schutz zu kapern«

ÖSTERREICH: Worum geht es beim BVT-Skandal wirklich?

Peter Pilz: Es sind eigentlich zwei Affären in einer. Die ursprüngliche ist der Missbrauch des Verfassungsschutzes im Interesse der ÖVP und durch ÖVP-nahe Beamte. Das verfolgt die Staatsanwaltschaft meiner Meinung nach vollkommen zu Recht. Die zweite Affäre ist der Angriff des FPÖ-Innenministers auf das BVT mit dem offensichtlichen Ziel, es von der ÖVP für die FPÖ zu übernehmen. Der freiheitliche Regierungspartner missbraucht eine ÖVP-­Affäre, um einen schwarzen Verfassungsschutz blau umzufärben.

ÖSTERREICH: Was kann das Parlament jetzt tun?

PILZ: Untersuchen. Das sind klassische Gegenstände eines Untersuchungsausschusses. Frage 1: Wurde der Verfassungsschutz durch die ÖVP und durch ein ÖVP-Kabinett missbraucht? Frage 2: Hat der Innenminister versucht, mit Gewalt den Verfassungsschutz zu kapern?

ÖSTERREICH: Wenn die FPÖ das BVT kapert, wie Sie es nennen, was ist zu befürchten?

PILZ: Da ist noch viel Schlimmeres zu befürchten. Weil erstens sind Freiheitliche, was rechtstaatliche Einrichtungen betrifft, wesentlich brutaler und rücksichtloser als alle anderen Parteien. Zweitens besteht die Gefahr, dass eine einzige Partei zum ersten Mal alle drei Nachrichtendienste politisch übernimmt: den Verfassungsschutz, das militärische Abwehramt und das Nachrichtenamt. Und noch dazu eine Partei, die im Gegensatz zu allen anderen selbst enge Verbindungen zu Extremisten hatte und hat.

ÖSTERREICH: Es könnte daneben einen Eurofighter-Ausschuss geben. Werden Sie ein Polit-Comeback feiern?

PILZ: Zum jetzigen Zeitpunkt ist ein Eurofighter-Ausschuss von Gnaden der ÖVP ein schwerer Fehler. Ich werde alles mit meinem Klub besprechen. Wenn das Innsbrucker Verfahren abgeschlossen ist, kann ich mir vorstellen, selbst in den BVT-U-Ausschuss zu gehen. (gü)

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