Kathrin Zechner

Neue "Lokomotive" für ORF-Fernsehen

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Zechner ist im Fernsehen für Unterhaltung und Information zuständig.

Nach neun Jahren ORF-Abstinenz feiert Kathrin Zechner (48) ein fulminantes Comeback als mächtige TV-Chefin im ORF. ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz ließ Zechner am Donnerstag vom Stiftungsrat zur neuen Fernseh-Direktorin küren. Zechner wird künftig also nicht nur - wie schon einmal - den Programmbereich des ORF-Fernsehens lenken, sondern die Leitung über den gesamten Fernsehbereich und damit auch die Oberhoheit über die Informationssendungen des öffentlich-rechtlichen Senders innehaben. Mit Zechner holt Wrabetz eine Erfindung von RTL-Boss Gerhard Zeiler auf den Küniglberg zurück, der im Vorfeld der ORF-Wahlen als mögliche Wrabetz-Alternative gehandelt worden war.

Ex-Generalintendant Zeiler enteckte Zechner
Zeiler war es, der die steile Karriere der am 17. Mai 1963 in Graz geborenen Zechner ins Rollen brachte. Mit seiner Hilfe wurde sie mit 28 Jahren Unterhaltungschefin beim Münchner Sender tele 5 und anschließend Programm-Managerin bei Endemol. Mit 31 Jahren holte Zeiler, damals gerade frisch gekürter ORF-Generalintendant, Zechner als Programmintendantin nach Wien zurück. Als sie 1995 ihr Amt erstmals antrat, war sie für Zeiler ein Beispiel für die von ihm angestrebte "Mischung aus Hauskenntnis und internationaler Erfahrung". Das waren auch die Attribute, auf die nun Wrabetz bei seiner Suche nach einer TV-Direktorin Wert legte, und so landete auch er bei Zechner.

Unterhaltungsschefin und...
An ausreichend Hauskenntnis mangelt es der 48-Jährigen tatsächlich nicht. Nach ihrem Studienabschluss - Jus, Theaterwissenschaften und Politikwissenschaft - war sie von 1986 bis 1991 fünf Jahre lang in der ORF-Unterhaltungsabteilung tätig und dort mit Redaktion und Produktion von Sendungen in den Bereichen Theater, Kabarett, kleine Show, Gameshow, große Show, Gala, Benefizprogrammen und Musiksendungen befasst. Vor ihrem Wechsel zu tele 5 war sie für einen kurzen Zeitraum auch noch Referentin des damaligen bürgerlichen ORF-Generalsekretärs Kurt Bergmann.

...später Programmintendantin
Von 1995 bis 2002 leitete sie unter den Generalintendanten Zeiler und Gerhard Weis die Programmintendanz des ORF. Hier konzentrierte sich Zechner vor allem auf die junge Zielgruppe und rückte den ORF mit seinem damals etwas angestaubten Schulfernsehen-Image näher ans Profil deutscher Privatsender heran. Als dort mit "Big Brother" der Reality-Hype begann, gab Zechner mit "Taxi Orange" etwa eine beim Publikum erfolgreiche österreichische Antwort. In Reaktion auf die boomenden Talk-Formate führte sie im ORF mit "Barbara Karlich" eine tägliche, zu Beginn umstrittene Talkshow ein. Auf ihre Kappe geht außerdem die Österreich-Einführung der "Millionenshow".

Fixstern in der heimischen Society-Szene
Die quirlige "Kathi" machte nicht nur inhaltlich von sich Reden, sondern avancierte im Lauf ihrer ORF-Karriere auch zu einem Fixstern in der heimischen Societyszene. Mit ihrer umfangreichen Garderobe tauchte sie immer wieder auf den Modeseiten von Illustrierten auf. Mit ihrem Ex-Partner, dem Schauspieler Erwin Steinhauer hat sie den gemeinsamen Sohn Stanislaus, 2006 adoptierte sie außerdem den kambodschanischen Buben Rithy.

Seit 2004 Chefin der Vereinigten Bühnen Wien
Ein vorübergehendes Ende unter Zechners ORF-Karriere setzte Monika Lindner im Jahr 2002. Unter ihr wurde die Programmintendantin, die von Medien als SP-nah gehandelt wurde, durch Reinhard Scolik abgelöst. Seit 2004 ist Zechner als Intendantin der Vereinigten Bühnen Wien für den Musical-Betrieb in der Bundeshauptstadt zuständig. Von der Bestellung durch den ORF-Stiftungsrat ging es am Donnerstag denn auch direkt zur "Sister Act"-Premiere.

"Harte Arbeiterin mit Instinkt und Leidenschaft"
Zechner selbst sieht sich als "harte, professionelle Arbeiterin" mit "Instinkt und Leidenschaft", wie sie in Interviews erklärte. "Ich will, dass der Funke überspringt - auf mein Team und letztlich auf das Publikum. Wenn die Chefin als Lokomotive zieht, dann ziehen die anderen mit."

Zum ORF hat sich "Madame 1000 Volt", wie Zechner in verschiedenen Gazetten auch genannt wurde, seit ihrem Abgang nur selten geäußert. Eine Ausnahme machte sie, als der ORF Anfang 2009 in die Krise rutschte und die Regierung versuchte, ORF-Generaldirektor Wrabetz aus seinem Amt zu vertreiben. Damals meinte sie in einem Interview, die Krise des ORF sei "vermeidbar wenn man Leute ins Management setzt, die fähig sind, einen so großen Medienkonzern zu leiten". Man suche für die ORF-Führung nicht "die besten Köpfe, sondern die willfährigsten. Das ist tödlich und genant." Zechner prophezeite damals auch das Ende des ORF, "wenn weiterhin derartig das Mittelmaß betrieben wird und man statt Innovation und Qualität zu suchen, tut, was allen im Land vertretenen Parteien passt". Dass sie selbst es anders macht, kann Zechner ab Jänner 2012 beweisen, wenn sie das neue Amt der TV-Direktorin antritt.

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