ÖVP-Chef im ÖSTERREICH-Interview

Kurz: Das ist sein Kanzlerplan

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In ÖSTERREICH gibt der VP-Chef Einblicke in sein „Reformprogramm für Österreich“.

Der neue VP-Chef Sebastian Kurz startet seinen Countdown für den Kampf um Platz eins:

Tour durch Bundesländer

Mitte Juni will er eine Tour durch ganz Österreich machen und mit Experten und Bevölkerung über weitere Ideen für sein Programm diskutieren.

Bevölkerung soll ,mitreden‘. Kurz wird dabei Schulen, Kindergärten, soziale Einrichtungen und Unternehmen besuchen, um „Vorschläge aus der Praxis in unser Programm einfließen zu lassen“, sagt er im ÖSTERREICH-Interview.

September: das Programm

Anfang September soll dann sein Programm für Österreich offiziell präsentiert werden – rechtzeitig für den Intensivwahlkampf vor der Nationalratswahl am 15. Oktober.

ÖSTERREICH gibt er erste Einblicke. Er nimmt sich offenbar Frankreichs Präsidenten Emmanuel Macron auch stilistisch zum Vorbild und möchte „nicht andere anpatzen, sondern meinen Weg gehen“. Laut Kurz sei die Republik sowohl beim Wirtschaftswachstum als auch der Arbeitslosigkeit „nach hinten gefallen“. Er will Österreich wieder „an die Spitze bringen“.

Steuern senken, deregulieren, Förderungen durchforsten

Der Außenminister möchte die Steuer- und Abgabenquote senken. Im Gegenzug möchte er Förderungen durchforsten und diese allfällig streichen. Zudem will er ­Deregulierungen, etwa bei Baugenehmigungen.

Der soziale Aspekt

Für einige überraschend könnten seine Programme in der ­Sozialpolitik werden. Laut VP-Insidern könnte Kurz – er entspringt einer christlich-sozialen Familie – einen Konter-Kurs zu Ex-VP-Kanzler Wolfgang Schüssel einnehmen. Er soll dabei auf „soziale Gerechtigkeit“ vor allem für Ältere und Arbeitslose setzen. Bereits jetzt erklärt er offiziell, dass Pflegeleistungen für alle garantiert sein müssen.

Bildung

Hier will er auf Frühförderungen setzen und arbeitet noch an konkreten Modellen.

Sicherheit

In der Sicherheitspolitik bleibt er freilich seiner bisherigen harten Linie treu: „Migrationsströme müssen gestoppt werden.“

Kurz Isabelle Daniel
© TZOE/Kernmayer
× Kurz Isabelle Daniel

ÖVP-Chef Sebastian Kurz im ÖSTERREICH-Interview mit Isabelle Daniel. Quelle:TZOE/Kernmayer

Kurz im Interview: "Müssen Steuerquote senken und Pflege für alle garantieren"

ÖSTERREICH: Viele fragen sich, wofür Sie stehen.

Sebastian Kurz: Ich werde meinem Stil treu bleiben: Meine Aufgabe ist es nicht, Dinge schönzureden, sondern ich werde immer unangenehme Wahrheiten aussprechen und meine ­Lösungsvorschläge durchsetzen. Wir werden niemand anderen anpatzen, sondern mit eigenen Ideen überzeugen.

ÖSTERREICH: Aber wie schaut es mit Ihrem Programm aus?

Kurz: Ich habe klare Vorstellungen, in welche Richtungen sich unser Land verändern soll. Ab Mitte Juni werden wir bei unserer Tour durch ganz Österreich mit Experten und der Be­völkerung über unsere Ideen diskutieren und zusätzliche Vorschläge einfließen lassen. Anfang September werden wir unser Reformprogramm dann präsentieren.

ÖSTERREICH: Wie wollen Sie „Vorschläge der Bevölkerung“ denn einholen?

Kurz: Wir werden Un­ternehmen, Bildungseinrichtungen und soziale ­Einrichtungen besuchen und Eindrücke aus der Praxis aufgreifen.

ÖSTERREICH: Was wollen Sie konkret?

Kurz: Der Standort Ös­terreich ist zurückgefallen. Wir liegen beim Wirtschafts­wachstum nur noch auf Platz 22 von den EU-27. Wir waren früher Europameister in niedriger Arbeits­losigkeit. Auch hier sind wir nur noch auf Platz zehn. Das möchte ich ändern. Ich denke, wir können unser tolles Land wieder an die Spitze führen.

ÖSTERREICH: Wie?

Kurz: Wir haben eine viel zu hohe Steuerlast. Wir müssen diese Spirale durchbrechen, dass man den Menschen einerseits Geld aus der Tasche nimmt, andererseits dann wieder einen Teil durch Förderungen zurückgibt. Wir müssen die Steuerlast nach­haltig senken, sodass man sich durch Arbeit in diesem Land wieder etwas aufbauen und schaffen kann.

ÖSTERREICH: Die SPÖ wirft Ihnen soziale Kälte vor …

Kurz: Auf diese Anpatz­versuche reagiere ich nicht. Die Wahrheit ist, auch wenn die SPÖ etwas anderes behauptet, unser Sozialsystem ist leider nicht mehr das beste der Welt. Wir ­haben Gangbetten in Wiener Spitälern und Alters­armut. Ich möchte, dass jeder Mensch in Würde altern kann. In Österreich sind derzeit 450.000 Menschen pflegebedürftig, 2030 werden es 800.000 Betroffene sein. Ich stehe für eine so­lidarische Gesellschaft, in der wir keinen Kranken oder Pflegebedürftigen seinem Schicksal überlassen dürfen. Damit unser Sozialsystem funktioniert, müssen auch genügend einzahlen. Fast zehn Prozent der Jugendlichen verlassen derzeit die Schulen ohne Ausbildung und Job, sie werden schwer Arbeit finden und nicht in das Sozialsystem einzahlen können. Das müssen wir ändern.

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