Rücktrittsforderungen

Richter & Staatsanwälte offen gegen Bandion

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Empörungen: Bandions Ankündigungen seien "blödsinnig".

"Weil das Vertrauen in die Justiz gesunken ist, muss ich handeln", sagt ÖVP-Justizministerin Claudia Bandion-Ortner. Jetzt kontert Klaus Schröder, ­Präsident der Richtervereinigung, via ÖSTERREICH: "Das Vertrauen in die Justiz ist gesunken, weil man den Eindruck hat, dass über das Weisungsrecht politisch Einfluss genommen wird."

Bandion-Ortner will am Donnerstag ihr neues Antikorruptionsgesetz präsentieren. Am Montag hatte sie angekündigt, den schleppenden Verfahren Karl-Heinz Grasser (Buwog), "Anleger-Betrug" bei Meinl etc. auf die Sprünge zu helfen. Montagabend wurde Rechtsextremist Gottfried Küssel verhaftet. Dienstag kam es zu Hausdurchsuchungen in der Affäre Grasser. Von langer Hand geplant, wirkten die Aktionen wie sofortige Befehlserfüllung der Justiz.

Richter Schimatschek: "Rücktritt erwägenswert"
Während SPÖ-Kanzler Werner Faymann Bandion-Ortner den Rücken stärkte, sind Richter und Staats­anwälte erbost. Bei einem Treffen der Justiz-Standesvertreter am Montag wurden sogar Rücktrittsforderungen laut: "Bei ihrer bisherigen Performance liegt ein Rücktritt im Bereich des Erwägenswerten", so der Tiroler Bezirksrichter Gerhard Schimatschek.

Zinkl: "Ist das Ziel, das Verfahren einzustellen?"
Noch ist die erste Reihe vorsichtiger in der Wortwahl. Aber dass Bandion-Ortner von der Staatsanwaltschaft verlangt, dass in der Buwog-Affäre bis zum Sommer über Anklage oder Einstellung des Verfahrens entschieden werden soll, sieht Werner Zinkl von der Richtervereinigung eher als Begünstigung Grassers: "Der Anschein ist nicht wegzukriegen. Es haben sich schon einige gefragt, ob da nicht das Ziel dahintersteckt, das Verfahren einzustellen."

Zinkl und Schröder fordern ein Ende des Weisungsrechts der Justizminister. "Die Weisungsspitze sollte ein unabhängiger Generalstaatsanwalt übernehmen. Personalentscheidungen sollten, wie international üblich, bei einem Rat der Gerichtsbarkeit liegen", so Schröder. Besonders hart greift der Präsident der Vereinigung der Staatsanwälte, Gerhard Jarosch, die Justizministerin an: "Ultimaten sind schlichtweg blödsinnig und naiv. Gerade Korruptionsverfahren sind sehr komplex." Bandion-Ortner will, dass bis Sommer klar sei, ob gegen KHG Anklage erhoben werde …
 

Razzien-Beschluss war vor Wochen fix

Zugegeben: In der Öffentlichkeit wirkt Claudia Bandion-Ortner nun wie eine Justizministerin, die Nägel mit Köpfen macht. Gestern verkündete sie, dass sie in zwei Causen – Neonazis und Buwog – Weisungen erteilen würde, und prompt hagelte es Haftbefehle und Razzien.

Ganz so einfach stellt es sich freilich nicht dar – und das löst nun auch die Wut von Ermittlern, Staatsanwälten und Richtern auf Bandion-Ortner aus:

Seit Monaten ermitteln Verfassungsschutz und Staatsanwaltschaft gegen die Drahtzieher der Neonazi-Homepage Alpen-Donau.info. Vor zehn Tagen beantragten die Ermittler und Staatsanwälte einen Haftbefehl gegen Gottfried Küssel in dieser Causa. Bandion-Ortner wusste seit jener Zeit – in öffentlichkeitsrelevanten Fällen wird die Justizministerin vorab informiert – über die geplanten Aktionen Bescheid. Am Montag zeigten sich Ermittler irritiert über Bandions Neonazi-Kampfansage: "Hoffentlich sind die jetzt nicht gewarnt." Auch im glamourösen Buwog-Fall wird die Justizministerin – zumindest teilweise – informiert. Bereits vor rund drei Wochen wurde dem Justizressort denn auch signalisiert, dass weitere Hausdurchsuchungen in der Causa Buwog geplant seien.

Ein gut inszenierter Coup von Bandion eben …

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