Vor Beschluss

Scharfe Kritik am Asylgerichtshof

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Richtervereinigung und Caritas lehnen die Regierungspläne für den Asylgerichtshof ab.

Markus Thoma, selbst Richter am Verwaltungsgerichtshof, warnt vor einer "Aushöhlung des verfassungsrechtlich vorgesehenen Rechtsschutzes" für Asylwerber. Außerdem kritisiert er, dass am Asylgericht künftig keine vollwertigen Richter arbeiten sollen, sondern lediglich Juristen mit fünf Jahren Berufserfahrung. Damit könne die Regierung "Juristen mit fünfjähriger Erfahrung wo immer von der Straße hereinholen".

"Kein vollwertiges Verwaltungsgericht"
Thoma befürchtet daher, dass das Asylgericht kein vollwertiges Verwaltungsgericht wird, sondern lediglich eine "Umetikettierung" des derzeitigen "Unabhängigen Bundesasylsenats" (UBAS) im Innenministerium zum "Asylgerichtshof" stattfindet. Daher lehnt Thoma auch das Abschneiden der Berufungsmöglichkeit beim Verwaltungsgerichtshof für die Asylwerber ab und warnt vor einem "verfassungsrechtlichen Ausnahmezustand".

"Die Gefahr besteht, dass das Beispiel Schule macht und auch andere Bereiche auf den Geschmack kommen, sich von der Kontrolle durch die Berufsrichter am Verwaltungsgerichtshof zu verabschieden", befürchtet Thoma eine negative Vorbildwirkung des Asylgerichtshofs für andere Verwaltungsverfahren.

"Die Regierung tut sich nichts Gutes"
Der Präsident der Wiener Rechtsanwaltskammer, Harald Bisanz, forderte die Koalition neuerlich auf, die Asylgerichts-Pläne zu verwerfen: "Wenn das wirklich so kommt, wie es geplant ist, tut sich diese Regierung nichts Gutes."

"Massive Beschneidung" des Rechtsschutzes
Auch die Caritas macht gegen den Asylgerichtshof in der geplanten Form mobil. Präsident Franz Küberl hat einen Brief an die Mitglieder des Verfassungsausschusses geschrieben, um seine Bedenken kundzutun. Durch den vorliegenden Entwurf komme es zu einer "massiven Beschneidung" des Rechtsschutzes der Flüchtlinge, meint Küberl darin: "Es bleibt zu vermuten, dass die Bezeichnung 'Asylgerichtshof' einzig gesteigerte Unabhängigkeit und höhere Qualität der Entscheidungen vorspiegeln soll, um dadurch massive Einschnitte im Rechtsschutz der Asylwerber 'salonfähig' zu machen".

Richter "ohne spezielle Erfahrung"
Grundsätzlich macht die Caritas darauf aufmerksam, dass der jetzige "Unabhängige Bundesasylsenat" (UBAS) über die gleichen Entscheidungskompetenzen wie der geplante "Asylgerichtshof" verfüge. Welche Vorteile die Umgestaltung des UBAS letztlich nach sich ziehen solle, "bleibt im Dunkeln". Bedauerlich sei auch, dass jene Richter, die dem neuen Gerichtshof angehören sollen, keine "spezielle Erfahrung" im Bereich des Fremden- und Asylrechts vorweisen müssten. So wünschenswert eine Reduktion der Verfahrensdauer auch für die Asylwerber ist, gehe ein "Abschneiden" des Instanzenzuges - durch den Wegfall der Rekursmöglichkeit an den Verwaltungsgerichtshof - völlig am Ziel vorbei, befand Küberl.

Er kritisierte auch, dass kein Begutachtungsverfahren durchgeführt worden sei. Dadurch entstehe der Eindruck, dass eine genaue Auseinandersetzung mit dem Entwurf durch Experten aus dem Bereich "nicht erwünscht" sei.

Beschluss am Nachmittag
Der Asylgerichtshof soll am Nachmittag vom Verfassungsausschuss beschlossen werden. Davor findet noch ein Hearing statt, an dem Experten unter anderem des UBAS und der Höchstgerichte teilnehmen sollen.

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