Über Kern, Kurz und die Wahl

Jetzt spricht Tal Silberstein

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Silberstein berichtet von „Maulwurf“, der SPÖ-E-Mails geleaked habe.

Er ist der Mann, der Österreichs Politikszene seit Monaten bewegt: Tal Silberstein, der Wahlkampf-Guru und Ex-SPÖ-Berater, der im August wegen Ermittlungen in Israel gegen ihn von der SPÖ gekündigt wurde. Der Israeli, der einst für die US-Wahlkampflegende Stanley Greenberg gearbeitet hatte und Ex-SP-Kanzler Alfred Gusenbauer in einer schon verloren geglaubten Wahl zum Sieger machte, wurde auch zum Streitpunkt zwischen FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache und VP-Chef Sebastian Kurz im oe24.tv-Duell am Mittwoch.

Strache hatte Kurz auf sein – bislang unbekanntes – Treffen mit Silberstein angesprochen. Kurz bestätigte ÖSTERREICH erst am Donnerstag, dass er den Ex-SP-Berater 2014 in einem Flieger kennengelernt hatte. ÖSTERREICH erreichte Tal Silberstein, den Mann ,über den alle reden, am Freitag per Telefon in ­seinem Haus in Tel Aviv.

Tal Silberstein bricht jetzt erstmals sein Schweigen

Eigentlich will der Mann, der stets die Öffentlichkeit scheute, nicht öffentlich ­reden. Von ÖSTERREICH mit den Aussagen von Kurz konfrontiert, macht Silberstein nun erstmals eine Ausnahme. Im – autorisierten – Interview spricht er über Kurz, Kern und sein Aus bei der SPÖ.

ÖSTERREICH: Sie sollen für ­Dirty Campaigning gegen Kurz verantwortlich gewesen sein?

Silberstein: Ich kommentiere den Wahlkampf nicht.

ÖSTERREICH: Wie haben Sie ­Sebastian Kurz kennengelernt?

Silberstein: Es war 2014, nachdem er Außenminister wurde. Wir waren zufällig im selben Flieger und ich stellte mich ihm vor. Er wusste, wer ich war und forderte mich auf, neben ihm Platz zu nehmen.

ÖSTERREICH: Wie lang haben Sie mit Kurz geredet? Und worüber haben Sie sich unterhalten?

Silberstein: Wir haben recht lange geredet. Ich weiß nicht mehr genau, ob es eineinhalb oder zwei Stunden waren, aber es war ausführlich. Er war sehr an der israelischen Politik und dem israelisch-palästinensischen Konflikt und meiner Meinung darüber interessiert. Ich habe ihm dann viel darüber erzählt und auch über meine Geschichte, als ich nach der Ermordung von ­Rabin eine NGO – die Generation Frieden – gegründet hatte. Wir haben dann auch über österreichische Politik geredet. Es war eine sehr interessante und nette Unterhaltung.

ÖSTERREICH: VP-Chef Kurz hat uns im oe24.tv-Duell gegen FP-Chef Strache gesagt, er habe nicht gewusst, wer Sie waren ...

Silberstein: Ich bin nicht so wichtig, aber ich denke, die österreichische Politikszene weiß, wer ich bin. Er erkannte meinen Namen und wusste, wer ich bin. Ich weiß nicht, warum es eine Schande sein sollte, mich zu kennen. Vielleicht jetzt ...

ÖSTERREICH: Gab es weitere Treffen mit Kurz oder seinem Team?

Silberstein: Im Sommer 2015 sprachen mich Menschen, die mich sehr gut kennen, darauf an, dass Leute aus dem Team von Kurz mich gerne treffen würden. Und, dass diese daran interessiert seien, mich als Berater zu engagieren.

ÖSTERREICH: Und, haben Sie sie getroffen?

Silberstein: Die Personen, die mich sehr gut kennen, haben das noch mehrmals mit mir diskutiert. Aber es kam zu keinem Treffen.

ÖSTERREICH: Und danach wurden Sie von Christian Kerns SPÖ engagiert?

Silberstein: Ich habe oft für die SPÖ, sowohl für den Bund als auch auf Landesebene – in Wien für Bürgermeister Häupl und auch für die SPÖ in ­Niederösterreich – gearbeitet.

ÖSTERREICH: Sie hatten für die SPÖ von Alfred Gusenbauer gearbeitet, oder?

Silberstein: Ja, aber auch für Kanzler Faymanns SPÖ im Jahr 2011.

ÖSTERREICH: Welchen Eindruck hatten Sie von Kanzler Kern?

Silberstein: Er ist einer der beeindruckendsten Persönlichkeiten, mit denen ich die Ehre hatte, arbeiten zu können. Er ist sehr talentiert und hat ein wundervolles und idealistisches Team.

ÖSTERREICH: Waren Sie nicht enttäuscht, als die SPÖ Ihren Vertrag nach Ihrer kurzfristigen Arretierung in Israel aufgekündigt hatte?

Silberstein: Nein, überhaupt nicht. Meine Frau sagte mir, und sie hat recht, dass ich der SPÖ als Berater genau diesen Rat gegeben hätte, mich in der gleichen Sekunde zu feuern. Es war die absolut richtige Entscheidung.

ÖSTERREICH: E-Mails aus der SPÖ – darunter welche an Sie – wurden in die Öffentlichkeit gespielt. Hatten Sie einen Ex-Mitarbeiter von Gusenbauer um ­eine Art psychologisches Profil von Kern und der SPÖ gebeten?

Silberstein: Dieser ganze Leak wurde durch einen Maulwurf, der offenbar von der anderen Seite rekrutiert wurde, gemacht. Ich habe die nachfolgende Berichterstattung nicht verfolgt und bin nicht bereit, bezüglich der Echtheit dieser Papiere, Stellung zu nehmen.

ÖSTERREICH: Wie sehen Sie die Wahlkampagne jetzt?

Silberstein: Es wäre nicht professionell von mir, das zu beantworten. Ich denke, dass Kanzler Kern gewinnen kann, dass er und sein Team das verdienen würden.

ÖSTERREICH: Verstehen Sie die Obsession, die Sie in Österreich bei vielen auszulösen scheinen? Es wird seit Monaten – noch vor den Ermittlungen – immer wieder über Sie geredet ...

Silberstein: Viele Menschen reden über mich, ohne jemals mit mir geredet zu haben. Und ich verstehe dieses Interesse nicht. Ich bin mit Sicherheit nicht so wichtig.

ÖSTERREICH: Wie schaut Ihre Beziehung zu Gusenbauer aus?

Silberstein: Er ist einer der Menschen, die ich am meisten bewundere und respektiere.

Interview: Isabelle Daniel

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